24. Oktober 2014
Der Europäische Gerichtshof hat sich auch meiner Meinung zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des Einbindens von YouTube-Videos angeschlossen. Wenn etwas anderes rausgekommene wäre, hätte ich mit meinem Blog Insolvenz anmelden müssen … ;)
EuGH C-348/13 Beschluss vom 21. Oktober 2014
Die Entscheidung bezieht sich nur auf Urheberrecht. In der nach wie vor am OLG Hamburg anhängigen Klehr-Berufung geht es um Persönlichkeitsrecht. Ich glaube allerdings nicht, dass ein verständiges Gericht da zu anderen Ergebnissen kommt.
admin •
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13. Oktober 2014
Die gestrige ARD-Dauerwerbesendung für zwei Kohl-Bücher und den SPIEGEL brachte medienrechtlich durchaus interessante Erkenntnisse. So sollen einige der Tonkassetten, die Schwan auf das Urteil von Landgericht bzw. Oberlandesgericht Köln an Kohl herausgeben musste, teilweise unbrauchbar sein. Geargwöhnt wurde, ein Magnet sei den Bändern wohl etwas nahe gekommen.
Schwan will davon nichts wissen, und es ist anzunehmen, dass es jedenfalls seinen eigenmächtig gezogenen Kopien gut geht. In einem Restaurant hatte der indiskrete Schwan mit seinem Kohlkontakt geprahlt und Teile der Aufnahmen vorgespielt.
Durfte Schwan die Bänder kopieren, anderen vorspielen und inhaltlich auswerten?
Nun hatte ja bekanntlich das OLG Köln den Altkanzler zum Hersteller der Bänder erklärt und ihm statt Schwan das Eigentum hieran zugesprochen. Dann aber wäre es konsequent, Kohl bzw. seinem Verlag auch als Tonträgerhersteller nach § 85 UrhG anzusehen. Das würde bedeuten, dass Kohl wie ein Plattenproduzent
das ausschließliche Recht hat, den Tonträger zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen.
In dem Fall durfte Schwan weder eigenmächtig eine Kopie ziehen noch dürfte er eine solche an Dritte weitergeben. Soweit gestern der Kohl-Anwalt das Kopieren als „strafbar“ bezeichnete, mag dies nach § 108 UrhG formal zutreffend sein, spielt aber in der Praxis eher eine untergeordnete Rolle.
Auch ein öffentliches Vorspielen wäre rechtswidrig, wobei man sich darüber streiten kann, ob eine Restaurantrunde von Journalisten als „öffentlich“ im Sinne der Vorschrift einzustufen ist. Da § 85 UrhG ein wirtschaftliches Interesse schützt, wird das eher nicht der Fall sein.
Nicht allerdings schützt das spezielle Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers vor inhaltlicher Auswertung der Bänder. Da käme man vielleicht mit Vertragsrecht ran, wobei es gewisse Beweisschwierigkeiten für die tatsächlichen Absprachen gibt. Es spricht allerdings viel dafür, dass die von Kohl beanstandeten 115 Äußerungen mit Persönlichkeitsrecht angreifbar sind. Da ich das Schwan-Buch weder vorliegen habe noch kaufen werde, kann ich das aktuell nicht beurteilen.
Mehr zur Rechtslage der Ko(h)lportage bei Legal Tribune Online.
admin •
10:59 •
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12. Oktober 2014
In der Legal Tribune Online hatte ich letzte Woche die Rechtslage zum Unterlassungsbegehren des Herrn Dr. Kohl skizziert.
Wie erwartet, hatten die Kohl-Anwälte in ihrem ursprünglichen Antrag am Dienstag zunächst keine konkreten Äußerungen angegriffen, denn die kannten sie vermutlich noch gar nicht, da das Buch erst am Dienstag erschien. Da half es auch nichts, dass in der Kanzlei der Kohl-Anwälte der vormalige Geheimdienstkoordinator mitberät, die Geheimhaltung hat offenbar funktioniert.
Ein sogenanntes Totalverbot ist vor allem im Urheberrecht möglich, wenn ein Werk zu viele fremde Anteile enthält und es mit „Schwärzen“ von einzelnen Stellen nicht getan ist, im Persönlichkeitsrecht sind solche pauschalen Anträge aber häufig unzulässig. Selbst die Hamburger Pressekammer mag solche Anträge nicht, und auch in Köln wollte man es etwas genauer.
Nun meldet der FOCUS, dass Kohls Anwälte in den letzten Tagen fleißig waren und 115 konkrete Kohlzitate beanstanden. Da es sich wieder um einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz handelt, bietet die Zivilprozessordnung bei einem zulässigen Antrag gewisse Möglichkeiten, ein Verbot selbst dann durchzusetzen, wenn sich in einem späteren Verfahren die Äußerungen in ca. acht Jahren als rechtmäßig herausstellen sollten. Sofern einer von Kohls 155 Pfeilen trifft, wird mindestens die zweite Auflage mit schwarzen Balken erscheinen.
Die Erstauflage soll 100.000 Exemplare betragen, was einem Umsatz von rund 2 Millionen Euro entspricht.
admin •
14:46 •
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11. Oktober 2014
Das Landgericht Stuttgart hat eine Klage des Daimer-Konzerns gegen den Südwestrundfunk wegen einer investigativen Reportage mit versteckter Kamera abgewiesen. SWR-Journalist Jürgen Rose Rose hatte gewallrafft und undercover als Leiharbeiter vier versteckte Kameras in ein Daimler-Werk eingeschmuggelt. Roses Bericht über Lohndumping hatte letztes Jahr selbst im Stuttgarter Landtag ein Echo gefunden und veranlasste das Unternehmen zu Änderung ihrer bisherigen Praxis.
In der Pressemitteilung des Landgerichts Stuttgart heißt es:
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Herstellung der Videoaufnahmen zwar rechtswidrig gewesen sei, weil der Journalist das Hausrecht der Daimler AG verletzt habe. Die Daimler AG müsse jedoch die Ausstrahlung des Bildmaterials hinnehmen, weil die Reportage einem eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresse diene. Die Reportage habe darüber informiert, dass der Einsatz von Arbeitskräften im Rahmen sog. Werkverträge dazu führen könne, dass diese trotz gleichwertiger Arbeitsleistung und Eingliederung in den Produktionsprozess wesentlich niedrigere Löhne als die Stamm- und Leiharbeitnehmer des Unternehmens erhielten, die jedenfalls teilweise durch Leistungen der öffentlichen Hand („Hartz-IV“) aufgestockt werden müssten. Dies werde von weiten Kreisen der Bevölkerung als ein einschneidender Missstand wahrgenommen. Hinsichtlich dieses Missstandes bestehe ein überragendes öffentliches Informationsinteresse, demgegenüber die Nachteile, die aus der rechtswidrigen Informationsbeschaffung resultierten, zurücktreten müssten. Die Ausstrahlung des Videomaterials im Rahmen der Reportage sei daher nicht rechtswidrig gewesen, sondern durch die Meinungs- und Rundfunkfreiheit des SWR (Art. 5 GG) gerechtfertigt. Die Daimler AG könne daher keine Unterlassung der zukünftigen Ausstrahlung verlangen.
LG Stuttgart, Urteil vom 09.10.2014, 11 O 15/14
Sowohl Daimler als auch der SWR wollen weiterklagen. Bei Daimler scheint die Prozessfreudigkeit eher eine Klage aus Prinzip zu sein, um allgemein zu signalisieren, dass Gefechte mit dem Dreizack Zeit und Geld kosten. Zwar liegt mir die detaillierte Urteilsbegründung noch nicht vor, allerdings dürften in rechtlicher Hinsicht weder vom BGH noch von darüber gesetzten Gerichten Überraschungen zu erwarten sein.
Reportagen wie die von Rose verändern die Welt. Leute, die rausgehen und recherchieren, statt Agenturmeldungen und PR zu verbreiten. Respekt und Gratulation an die SWR-Anwälte!
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11:33 •
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7. Oktober 2014
Anders als die meisten heutigen Politiker rannte der ewige Kanzler Helmut Kohl den Medien nicht hinterher. Insbesondere am TV war der Kanzler desinteressiert. Dem SPIEGEL verweigerte er ab einem bestimmten Zeitpunkt jeglichen Kontakt. Als Grund für dem Liebesentzug sehen gut informierte Kenner eine flapsige Zeile des SPIEGELs, in dem die Journalisten einen Seitensprung andeuteten. In der Bonner Republik galt das Privatleben von Politikern als absolutes Tabu.
Kohl, der eine Generation an Stimmimitatoren ein sicheres Auskommen bescherte, kam auch nicht auf die Idee, seine Gegner durch Klagen aufzuwerten. Ins Gericht ging der Kanzler allerdings dann, wenn es gegen seine Frau ging. Hannelore Kohl veranstaltete sogar einmal eine Ausstellung mit Kohl-Karikaturen und gab ein Kochbuch mit dem Titel „Was Journalisten anrichten“ heraus.
Derzeit richtet sich das Auge der Medienrechtler auf das im Heyne-Verlag erscheinende Buch des geschassten Kohl-Biographen Heribert Schwan. So hatte Schwan an drei Bändern der Kohl-Memoiren mitgewirkt, hierfür jedoch keine Verschwiegenheitserklärung oder einen sonstigen Vertrag unterzeichnet. Einen Vertrag hatte Kohl ausschließlich mit dem Verlag:
„Der Verlag sichert zu, dass [der Beklagte] persönlich die schriftliche Abfassung des Werkes bis zu seiner Fertigstellung nach den Vorgaben und Angaben des Autors übernimmt. Der Autor wird im Gegenzug [dem Beklagten] entsprechenden Einblick in relevante Unterlagen geben und ihm in ausreichendem Maße für entsprechende Gespräche zur Verfügung stehen (mindestens 200 Stunden). Die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen [dem Beklagten] und [dem Kläger] werden diese direkt besprechen.“
Im schließlich vom OLG Köln, Az 6 U 20/14, entschiedenen Fall hatte Kohl die Herausgabe der Tonbänder als solche herausgeklagt. Das Gericht gestand Kohl das sachenrechtliche Eigentum (§ 985 BGB) an den Tonbändern zu, weil es Kohl als Hersteller der Tonbandaufzeichnungen nach § 950 BGB bewertete. Der eigentliche Wert der Tonbänder bestehe nicht in ihrem Materialwert, sondern – unabhängig von der Frage urheberrechtlicher Schutzfähigkeit – im immateriellen Gehalt der auf ihnen dokumentierten Äußerungen des Klägers. Der Fall liegt nun beim BGH.
Urheberrechtlich und persönlichkeitsrechtlich war die Entscheidung offenbar witzlos. Zwar hat Kohl die 200 Bänder jetzt in Oggersheim gebunkert, doch Schwan, der kleine Pirat, hat sich natürlich Kopien gezogen … Und daraus nun sein Buch gezimmert, das er – Kohl zum Hohn – ausgerechnet mit PR-Partner SPIEGEL vermarktet. Diesen Dienstag wurde das Werk vorgestellt. Als treueste Kohl-Verteidigerin erwies sich mal wieder die BILD-Zeitung, deren Abgesandter sich um Kohls „geistiges Eigentum“ sorgte.
Soweit bekannt, hat sich der Heyne-Verlag noch keine einstweilige Verfügung eingefangen. Allerdings dürfte das Buch hinsichtlich Persönlichkeitsrecht mehr als spannend werden. Das vom Focus kolportierte Ziel, die Veröffentlichung zu stoppen, hat der Alt-Kanzler nicht erreicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach sitzen nun die Kohl-Anwälte in dieser Nacht bei Kaffee und Pizza, um schnellstmöglich ein Fax in Richtung Hamburg, Berlin oder Köln zu schicken. Wir werden in Kürze erfahren, welche Kammer das Rennen gemacht hat.
admin •
20:16 •
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6. Oktober 2014
Die meisten der einstweilig verbotenen Äußerungen hat heute das Landgericht Hamburg fürs erste wieder erlaubt. Distanzieren muss ich mich (einstweilen) von dem im oben genannten Video erweckten Eindruck,
Dr. Jochen Bittner sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung „Die Anstalt“ im ZDF genannt wurden.
-> Josef Joffe und Jochen Bittner scheitern gegen Die Anstalt (ZDF)
admin •
19:24 •
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5. Oktober 2014
CIA-Gründer Allen Dulles fürchtete nichts mehr als parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Seine dunklen Geheimnisse hielt der kalte Krieger in erster Linie vor dem eigenen Volk geheim. Der erfahrene Diplomat und Gesellschaftslöwe Dulles verstand es seinerzeit, die Parlamentarier mit seinem Charme einzuwickeln und zu belügen. Sicherheitshalber ließ er Parlamentarier im eigenen Land überwachen. Als die CIA schließlich Mitte der 1970er Jahre von Senator Frank Church gründlich auseinander genommen wurde, hatte der selbsternannte Meisterspion bereits das Zeitliche gesegnet.
Nunmehr erheben sich also die Leichen aus dem Keller des vormaligen deutschen Geheimdienstkoordinators Frank-Walter Steinmeier. So hatte der Stratege zwischen 2004 und 2008 heimlich einen Großteil der Telekommunikation bereitwillig an die NSA geliefert.
Als ich Steinmeier letztes Jahr noch persönlich fragte, ob er der NSA erlaubt habe, mein Handy abzuhören, hatte er das noch abgestritten – im Spionagehandwerk sozialübliches Verhalten. Der G10-Kommission hatte er auch nichts gesagt und damit deren Autorität untergraben. Einmal mehr hat sich das Konzept der Kontrolle von Geheimdiensten als Scharade zur Beruhigung von Kritikern herausgestellt.
Ich würde mir wünschen, dass von uns gewählte Politiker in erster Linie uns gegenüber loyal sind – vor allem in einer Zeit, in der uns die USA in einen neuen Kalten Krieg hineinziehen und mit TTIP knebeln wollen.
-> Doppelagent Steinmeier enttarnt
2. Oktober 2014
Der Chefredakteur von ARD-aktuell hatte im Tagesschau-Blog auf die Kritik an der Berichterstattung über die Ukraine-Krise reagiert. Diplomatisch hat er sich einerseits vor seine Leute gestellt, andererseits Besserung gelobt. Den Kommentaren von Albrecht Müller (Nachdenkseite) und Malte Danilijuk (Telepolis) habe ich nichts hinzuzufügen.
Gestern nun haben sich die Tagesthemen für eine falsche Berichterstattung entschuldigt. So hatten die Tagesthemen am 20.05.2014 den Mord an zwei Menschen den „prorussischen Separatisten“ angelastet, obwohl die Täter einem ukrainischen Freiwilligen-Bataillon zuzurechnen sind. Während man auf der Tagesthemen-Website etliche Berichte bequem anklicken kann, muss man diese Richtigstellung mit der Lupe suchen.
So nobel das Erratum in einer Nachrichtensendung sein mag, es kann höchstens ein erster Anfang eines umfassenden Selbstreinigungsprozesses sein. So behaupteten die Tagesthematiker in eben jener Sendung vom 20.05.2014, 10.000 Menschen hätten in einem Stadion demonstriert. Es scheinen wohl eher 300 (in Worten: dreihundert) gewesen zu sein:
Das medienkritische Buch von Bröckers/Schreyer („Wir sind die Guten“), in dem die Autoren eine Fülle an Medienversagen zum Ukraine-Konflikt zusammengetragen haben, hält sich inzwischen solide auf der Bestsellerliste.
1. Oktober 2014
Ein Hamburger Arzt hat gegen den NDR (vermutlich am Landgericht Hamburg) eine einstweilige Verfügung wegen eines Berichts erwirkt, der mit versteckter Kamera gedreht wurde. Der christliche Medizinmann hatte seine Künste als „Schwulenheiler“ angeboten, die ein schwuler Journalisten in Anspruch nahm, obwohl er vermutlich nicht wirklich „geheilt“ werden wollte.
Aufnahmen mit versteckter Kamera sind im Presserecht ein Klassiker, da es sich beim Verhältnis zwischen Arzt und Patient um einen vom Gesetzgeber besonders geschützten Bereich handelt. Arzt und Patient sollten vertrauensvoll und offen reden können. Das ist dann nicht unbefangen möglich, wenn man mit verdeckten Aufnahmen rechnen muss. Daher ist es relativ einfach, in der ersten Instanz eine Unterlassungsverfügung zu erwirken.
Allerdings ist eine Rechtsverteidigung durchaus möglich. RTL etwa wehrte sich erfolgreich gegen eine Unterlassungsverfügung, weil der dort betreffende Azrt anonymisiert war.
Dieses Jahr hob das Oberlandesgericht Hamburg eine Unterlassungsverfügung von Krebs-Behandler und Dauerkläger Dr. Nikolaus Klehr gegen das ZDF auf. Die Aufnahmen hatten nur den Eingangsbereich seiner Praxis sowie ein verpixeltes Beratungsgespräch ohne Originalton gezeigt. Entgegen dem Landgericht Hamburg vermochte das OLG darin keine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung zu erkennen.
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14:42 •
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30. September 2014
Der BGH hat sich erneut mit der pressemäßigen Nutzung von fremden E-Mails beschäftigt. Vor ein paar Jahren hatte ich den BGH davon überzeugt, die Revision gegen ein Urteil des OLG Stuttgart nicht zur Entscheidung anzunehmen, das die Nutzung von E-Mails aus einer vermeintlich privaten Mailingliste erlaubte.
Nunmehr ging es um E-Mails eines Politikers, die auf einem ihm abhanden gekommenen Rechner gefunden wurden. (Passiert häufig: Allein in London werden jährlich an die 1.000 Notebooks allein in Taxen vergessen …) Der Unglücksvogel war außerehelicher Vater eines Kindes geworden, für das offenbar Sozialleistungen beantragt waren. Für einen Finanzminister war das halt schon ein bisschen peinlich.
Während die Vorinstanzen eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erkannten, ließ heute nun der BGH die Äußerungen zu (via Beckmann & Norda):
Zwar greift eine Berichterstattung, die sich auf den Inhalt der zwischen dem Kläger und seiner Geliebten gewechselten E-Mails stützt, in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Beide genannten Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützen das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Der Eingriff ist aber nicht rechtswidrig. Das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf Meinungsfreiheit überwiegen das Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die veröffentlichten Informationen von einem Dritten in rechtswidriger Weise beschafft worden sind. Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Beklagten die E-Mails nicht durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft, um sie zu publizieren. Sie haben sich an dem Einbruch in die Vertraulichkeitssphäre des Klägers auch nicht beteiligt, sondern aus dem Bruch der Vertraulichkeit lediglich Nutzen gezogen.
Und:
Die Informationen, deren Wahrheit der Kläger nicht in Frage stellt, haben einen hohen „Öffentlichkeitswert“. Sie offenbaren einen Missstand von erheblichem Gewicht, an dessen Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht. Als Minister und als Landtagsabgeordneter gehörte der Kläger zu den Personen des politischen Lebens, an deren Verhalten unter dem Gesichtspunkt demokratischer Transparenz und Kontrolle ein gesteigertes Informationsinteresse besteht. Die der Beklagten zu 1 zugespielten E-Mails belegen, dass sich der Kläger über viele Jahre der wirtschaftlichen Verantwortung für seine Tochter E. entzogen und diese auf den Steuerzahler abgewälzt hat. Er hat es im eigenen persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Interesse hingenommen, dass seine ehemalige Geliebte für die gemeinsame Tochter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bezog, obwohl die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nicht gegeben waren. Denn die Kindesmutter hatte der zuständigen Behörde den Kläger pflichtwidrig nicht als Vater von E. benannt.
admin •
17:50 •
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