„Ich bin gespannt, welchen Stellenwert die Pressefreiheit und der Informantenschutz tatsächlich in unserer Gesellschaft haben.“
Die Aktionen gegen Hahne haben natürlich sicher ihre Berechtigung, und hoffentlich wird es den Behörden gelingen, Herrn Hahne auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Will sagen, dass ich mir seine Kritik nicht zu eigen mache, mich total von seinen Äußerungen distanziere und hoffe, dass bei mir niemand deswegen klingelt, weil ich sie verlinkt habe.
Kürzlich hat RTL wegen einem lustigen Streich mit versteckter Kamera verloren: Man hatte heimlich in einer Arztpraxis gefilmt, wo es nun einmal ein gesetzlich geschütztes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gibt. Das Landgericht Düsseldorf hat die Ausstrahlung nun per einstweiliger Verfügung verboten.
Rechtsanwalt Dr. Ulf Vormbrock von den PETERS Rechtsanwälten, der die Entscheidung für den Mediziner erstritt, dazu: „Soweit ersichtlich, hat sich nun erstmalig ein Gericht mit der Anfertigung von heimlichen Filmaufnahmen beschäftigt und dem Treiben der TV-Stationen eine klare Absage erteilt. Gleichzeitig stärkt es die Persönlichkeitsrechte von Betroffenen.“ (Ende)
Na, na, Herr Kollege, da sind Sie aber nicht ganz auf dem Laufenden. Ich habe sowas RTL bereits vor vier Jahren verbieten lassen. (Und auch mein Mandant war nicht der erste, der wegen versteckter Kamera die Gerichte bemühte.)
Damals vertrat ich einen Künstler, den RTL u.a. in seiner Garderobe heimlich beim Umziehen gefilmt – und diese Spannerei dann auch noch ausgestrahlt hatte. Die Kölner hatten nicht das geringste Unrechtsbewusstsein. Da man ihm kurz vor dem Beginn eines offiziellen Drehs quasi blind eine „Einwilligungserklärung“ unterschreiben ließ, sei alles rechtens. Filmen sein Filmen.
In dieser Erklärung stand ernsthaft, der Mandant „übertrage sein Urheberrecht“ auf RTL. Das ist schon rechtstechnisch Murks, denn Urheberrecht bzw. Persönlichkeitsrechte (um die ging es hier) KANN man gar nicht unter Lebenden „übertragen“, allenfalls Nutzungsrechte einräumen.
Für eine Einwilligungserklärung nach § 22 KunstUrhG ist zudem erforderlich, dass man überhaupt weiß, dass man gefilmt wird und welcher Natur die Aufnahmen ungefähr sein werden. Sonst kann man schlecht einen Willen entwickeln.
Bei versteckter Kamera fragt man naturgemäß erst hinterher, ob man die Aufnahmen überhaupt machen darf. Das ist in Garderoben eigentlich sogar ein Fall für den Staatsanwalt, § 201a StGB. Jedenfalls willigt niemand ein, mit versteckter Kamera gefilmt und ausgestrahlt zu werden, wenn er darüber nicht explizit aufgeklärt ist.
Seltamerweise urteilte die Zivilkammer 28 des kölschen Landgerichts in erster Instanz, dass die Einwilligungserklärung ausreiche, wobei sich das Urteil in Sachverhalt und Begründung diametral widersprach. Meine Meinung über die Rechtskenntnisse der Kölner Pressekammer ist seither sehr niedrig, und sie ist es auch geblieben.
Das Oberlandesgericht Köln allerdings sah die Sache genauso, wie wir. Das wurde dann für RTL richtig teuer.
Die „Ursula von der Leyen“ der FDP fiel durch einen peinlichen Versuch auf, der FAZ ihre Präsenzquote im Europaparlament zu zensieren. Mit einem dreisten Antrag hatte FDP-Glamour-Girl Koch-Mehrin der Hamburger Pressekammer eine einstweilige Verfügung aus dem Kreuz geleiert.
Der von mir stets verehrte Kollege, der die FAZ (sonst aber selbst auch schon mal ganz gerne FDP-Gestalten) vertritt, hatte bei so „hochprozentigen“ Ungenauigkeiten leichtes Spiel und brachte sogar Richter Buske zur Korrektur seiner unhaltbaren Zensurentscheidung.
Selbst Sender wie ProSieben halten den Film für eine „Katastrophe“. Nun scheint die Sache eine eigenartige Vermarktung zu nehmen – über file sharing. Und das hat irgendwie mit Anwälten zu tun. Hier eine Warnung des Kollegen Weiner.
Sicherheitshalber distanziere ich mich mal ausdrücklich von allen Links. Es ist einfach nur schlecht …
Wie berichtet, hatte sich Jürgen Klinsmann gegen eine satirische Fotomontage der TAZ gewendet, die seine religiösen Gefühle beeinträchtigt hätte. Wie nicht anders zu erwarten hatte das Landgericht München das humorlose Ansinnen des empfindlichen Fußballers zurückgewiesen.
Erstaunlicherweise hat die absehbare Blamage dem Balltreter nicht ausgereicht. Nunmehr hat auch das Oberlandesgericht München die Entscheidung zugunsten der Meinungs- und Pressefreiheit bestätigt.
Diesen neckischen Clip einer Verbraucherzentrale gegen die provisionshonorierte „Beratung“ in der Finanbranche hatte ich mal im Handelsvertreter-Blog verlinkt. Wie nun die Süddeutsche meldet, hat eine „Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM)“ gegen diesen Clip Strafanzeige wegen Verleumdung gestellt. Kein Witz!!!
„Die Botschaft des Videos ist doch, dass alle Berater und Vermittler provisionsgeile Subjekte sind“
maulen die getretenen Hunde. Schöner hätte auch ich es nicht formulieren können. Bitte unbedingt auch mein Projekt finanzparasiten.de gleich mit anzeigen, so eine PR kann man sich für Geld nicht kaufen!
Dem juristisch interessierten Leser sei mitgeteilt, dass jeder Jurastudent im 2.Semester wissen muss, dass diese Anzeige strafrechtlich völlig untauglich ist. Es handelt sich also seitens der ehrenwerten, nicht provisionsgeilen Makler um eine PR-Aktion. Ob diese Leute wissen, was man unter dem Streisand-Effect versteht …?
In Bayern ticken die Uhren bekanntlich anders. Der Geist des CSU-Übervaters Strauß scheint noch sehr präsent zu sein. Kritik und andere demokratischen Unsitten werden als unanständig empfunden.
Nun haben Nicht-CSUler ihren Frust in einer Zeitung namens „Bürgerblick“ ventiliert, die sowohl in gedruckter Ausgabe als auch online zu beziehen ist. In einer Ausgabe wurde das Problem der Vetternwirtschaft mit den Worten „Dorfmafia aus CSU un PNP“ bezeichnet.
Speziell in einer Gemeinde mit dem schönen Namen Tittling gibt es mit der offline-Ausgabe nun ein Problem: Diese kann im Einzelhandel bislang am Ortskern in einem einzigen Geschäft erworben werden, doch dieses gehört einem CSU-Mann. Der Tittlinger Gate-Keeper weigert sich, den „Bürgerblick“ zu vertreiben. Für den stolzen Bayern ist Zensur nichts neues, denn auch nicht g’schamige Magazine dürfen seine Kunden nicht lesen oder sonstwie genießen. Und dass ausgerechnet in einem Ort namens „Tittling“ …
Der „Bürgerblick“ kennt das Problem aus seinen Anfängen in Passau, wo Händler per Gerichtsbeschluss zum Vertrieb verpflichtet werden mussten. Auch gegen den strammen CSUler, der nicht zur Dorfmafia gehören will, wird nun medienrechtlich vorgegangen. Auch in sonstigen Angelegenheiten musste der Bürgerblick gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, siehe dieses Video.
Wie bereits hier im Blog berichtet, hatte der BGH im Februar ein unverschämtes Unterlassungsbegehren der FRAPORT AG gegen W. zurückgewiesen, nachdem es beim Landgericht Hamburg und beim hanseatischen Oberlandesgericht natürlich durchgegangen war.
FRAPORT bemühte gegen den lästigen Kritiker W. auch das Geschäftsgeheimnis, auch strafrechtlich. Da für Geheimnisse der fliegende Gerichtsstand offenbar nicht in dem Sinne gilt wie im allgemeinen Presse- und Medienrecht, klagte man in Frankfurt. Dort stellte am 26.01.2006 das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass im geistigen Meinungskampf eine Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und den berechtigten Interessen der Öffentlichkeit zu erfolgen habe – und erlaubte die Veröffentlichung.
Mit Beschluss vom 30.06.2009 wies der BGH nun die Nichtzulassungsbeschwerde der Frankfurter Flughafenbetreiber zurück, womit das Urteil nunmehr bestätigt ist. Damit haben W. und seine Mitstreiter auf ganzer Linie gesiegt. Eine wichtige Entscheidung für den Meinungsstandort Deutschland!
Dreieinhalb Jahre Prozessiererei haben sich letztendlich gelohnt. Erneuten Glückwunsch, Herr W.!
Wenn Mächtige kritisiert werden, dann werden die schnell mal mächtig sauer – und freuen sich, wenn die ihnen gewogene Presse dem Überbringer schlechter Nachrichten Glaubwürdig abspricht. Aber seriöse Presse mag es natürlich nicht, wenn man widerum ihr die Unabhängigkeit streitig macht.
Verdachtsberichterstattung ist gefährlich
So geschah es, dass ein für seine Unabhängigkeit bekanntes Blatt dem rechtspolitischen Sprecher einer bürgerlich nicht so recht gelittenen Partei „selektiven Umgang mit Akten“ beim Thema „Sachsensumpf“ nachsagte. Als eine andere Zeitung die Vermutung andeutete, dass es um die Unabhängigkeit der seriösen Zeitung vielleicht doch nicht zum Besten bestellt sein könne, war das schon wieder zuviel für die freiere Presse.
Für einen gestandenen Journalisten aus Schrot und Korn gibt es in solchen Fällen nur eine Devise: Eine Pilgerreise nach Hamburg zu Richter Buskes lustiger Pressekammer, wo der Ehre genüge getan werde. (more…)