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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


16. Februar 2011

Sascha Lobo plädiert für Beleidigungskultur

In seiner SPON-Kolumne spricht sich Sascha Lobo für eine vernünftige Beleidigungskultur aus. Ich weiß von einem weisen Münchner Richter, der absichtlich das Internet auslässt, weil ihn nicht heiß macht, was er nicht weiß. Auch sonst imponieren mir etliche Leute des öffentlichen Lebens, die mitr gesagt haben, dass sie den Blödsinn, der über sie geschrieben wird, einfach ignorieren. (Ich selbst bin noch von dieser Weisheitsstufe entfernt …)

Wie Sascha Lobo diesen kulturellen Fortschritt realisieren will, etwa durch Kodifizierung der Beleidigungskultuer, hat er nicht verraten. Das Recht der Beleidigungen ist vorwiegend Richterrecht. Was die Rechtsprechung zu Schmähkritik betrifft, die inflationär das Unternehmenspersönlichkeitsrecht reklamieren, so wären mit einer Abspaltung des Stadtstaats Hamburg vom Bundesgebiet 98% des Problems erledigt.

Aus meiner Sicht ist das größere Problem aber nicht die Schmähkritik, sondern die seit der „Stolpe-Rechtsprechung“ unmöglich gewordene Benutzung der deutschen Sprache, wenn man es mit betuchten Klägern zu tun hat. Es wäre ein historisches Verdienst – für Lobo oder für einen anderen Journalisten – mal einer breiten Öffentlichkeit darzustellen, welcher Wahnsinn sich unter dem Label „Stolpe-Rechtsprechung“ in deutschen Gerichtssälen abspielt.

Doktorvater gesucht!

Für eine Dissertation zum Thema „Drag&Drop“ suche ich einen Doktorvater. Hochschule der Bundeswehr bevorzugt!

15. Februar 2011

Inside-WikiLeaks – Lesetipp

Daniel Domscheit-Bergs Autobiographie „Inside WikiLeaks“ habe ich nicht nur in einem Rutsch gelesen, sondern auch aus einer besonderen Perspektive: Während des für WikiLeaks dramatischen Jahres 2010 war ich häufig Zaungast in Daniels Leben, online wie offline.

Das Projekt WikiLeaks war angetreten, die Welt zu verändern und den Mächtigen ihr Herrschaftswissen zu nehmen – kühne Taten, zu denen es wagemutiger Draufgänger bedurfte. Eine historische Großtat wie WikiLeaks durchzuziehen, wäre wahrscheinlich ohne eine exzentrische Persönlichkeit wie Julian Assange kaum möglich gewesen. Doch leider gehört der seit Kindesbeinen auf der Flucht befindliche Australier zu den Menschen, die das, was sie mit den Händen aufbauen, mit dem Hintern wieder einreißen. Während der geheimnisvolle – und geheimnistuerische – Julian Assange zu einem rebellischen Popstar des Internets aufstieg und ikonographisch heute allenfalls mit Che Guevara konkurrieren muss, wurde durch Daniels Insider-Infos meine Wahrnehmung des nomadisierenden Whistleblower-Propheten mit der schwachen sozialen Kompetenz schon früh wieder geerdet.

Vieles an WikiLeaks war tolldreiste Übertreibung, Inszenierung und Illusion. Wie dünn die scheinbar Hunderte an Volunteers umfassende Personaldecke von WikiLeaks tatsächlich war, hat mich dann doch erstaunt. Tatsächlich bestand das Projekt im wesentlichen aus den zwei bekannten Köpfen, zwei Technikern und ein paar Freunden.

Daniel wurde wegen seines Enthüllungsbuchs zum Teil angefeindet – welche Ironie für Leaker! Doch wie er zu recht sagt, kann die Welt nur besser werden, wenn die Geschichtsschreibung zuverlässig ist, wobei man mit der eigenen beginnen muss, um Glaubwürdigkeit beanspruchen zu dürfen. Ein Projekt, das die Regierungen reihenweise herausfordert und der US-Diplomatie die Maske vom Gesicht reißt, ist kein privates mehr, sondern ein öffentliches. Daniel hat in dem Buch niemanden schlechter gemacht, als er ist, das von schwachen Journalisten bemühte Label „Abrechnung“ wird dem Anliegen nicht gerecht. Daniel gibt keine Informationen preis, zu denen ein Mann wie Assange nicht stehen müsste. Was als Komödie begann, hat für Bradley Manning in eine bittere Tragödie geführt. Auch Rudolf Elmer hätte sich seinen derzeitigen Knast-Aufenthalt sparen können, hätte er sich den öffentlichen Egotripp zu Assange verkniffen. Die Verantwortung gebietet, Whistleblower vor sich selber zu schützen.

Erstaunlich war, wie viele sich zu dem Buch so alles äußerten, bevor es überhaupt von jemandem gelesen werden konnte, denn das Manuskript war zumindest in Deutschland ähnlich gesichert wie der jeweils neueste Harry Potter-Band. Dem weltbekanntesten Hacker aller Zeiten, der früher unter dem Künstlernamen „Mandax“ (der Lügner) agierte, fiel bislang nicht mehr ein, als durch seine Anwälte eine aus den Fingern gesogene Schizophrenie Daniels zu behaupten. Vielleicht hat er ja in den Spiegel geschaut.

Apropos „Spiegel“: Befremdlich wirkte auf mich die Buchkritik von SPIEGEL-Autor Sontheimer, der „zufällig“ in das SPIEGEL-Buch involviert war, für das neben seinem Artikel geworben wurde. Die angeblichen Belanglosigkeiten der nun einmal privaten Autobiographie findet man im so journalistischen SPIEGEL-Buch genauso, oder interessiert irgendwen, wer Slippers trägt und welche Sorte Wein sich SPIEGEL-Journalisten bei Meetings so in die Kehle schütten? Nicht, dass wir uns missverstehen: Das SPIEGEL-Buch ist exzellent, wie ich letzte Woche berichtete. Doch wer wissen will, was WikiLeaks wirklich war, wieso die herrlich anarchistische Idee den Bach runter ging und warum heute außer der „Marke“ WikiLeaks und dem Popstar Assange das einst glänzende Projekt nur noch ein Schatten seiner selbst ist, kommt an „Inside WikiLeaks“ nicht vorbei.

WikiLeaks war ein Konsequenz des Mediums Internet, das darauf gewartet zu haben schien, bis Pioniere das Ei des Columbus erfanden. Für das große Abenteuer, mit einfachen Mitteln das Netz größtmöglich zu politisieren und die Mächtigen in Verlegenheit zu bringen, darum beneide ich Daniel im positiven Sinne.

14. Februar 2011

„Tatort Hypo Alpe Adria“ kommt!

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung gegen ein lästiges Buch von Richard Schneider am Landesgericht St. Pölten, Österreich, ist gescheitert. Die Herrschaften in den Nadelstreifen wollten nicht über sich so häßliche Sachen lesen wie

„hochkriminelles Netzwerk“ und einer „international tätige Verbrecherclique“

(Ähnliches hatte mir mal vor etlichen Jahren mal ein norddeutsches Gericht verboten – der Beginn einer wundervollen Freundschaft …!) Für die St. Pöltener Richter entscheidend war der gebetsmühlenartige Hinweis auf die Unschuldsvermutung im Buch und der Verzicht auf dem Klappentext, die Namen zu nennen. Der Verlag wird sich über die Gratis-Werbung freuen …

13. Februar 2011

Nürburgringforum dicht gemacht

Eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln hat den Betreiber des Nürburgring-Forums so verunsichert, dass er selbiges vom Netz genommen hat.

Die Rhein-Zeitung schreibt:

Dabei geht es um einen Zeitungsartikel, der in der Eifel-Zeitung erschienen war und der in dem Forum im Originalwortlaut zitiert worden war. Inhaltlich ging es darin um das Firmengeflecht rund um den Nürburgring.

Update:

PS3-Hacker macht Rap-Video

Der junge Mann, der die Playstation aufgemacht und die Sony-Anwälte um ihren Schlag gebracht hat, legt nach mit einem Rap-Video. Der „geheime“ Code der PS3, der zunächst nur den Hackern und Berechtigten bekannt war, wabert gerade durchs Internet.

Hier der Beitrag vom 27C3, indem erklärt wird, wie man so ein Ding knackt.

CDU ermahnt ZDF, doch endlich Journalismus zu unterlassen

Das ZDF war seinerzeit als Reaktion auf den Privatfernsehen-Vorläufer „Adenauer Fernsehen“ gegründet worden. Die CDU hatte einfach nicht damit leben können, dass die ARD-Anstalten ihren gesetzlichen Auftrag zu kritischer politischer Berichterstattung in Anlehnung an die BBC ernst genommen hatten.

Das CDU-freundliche wie staatstragende ZDF erwies sich denn auch als serviler Dienstleister, bot etwa seltsamen Gestalten wie Gerhard Löwenthal eine Bühne. Wenn man wissen will, was von den ZDF-Leuten der 80er und 90er Jahre zu halten ist, muss man nur mal in die Gremien der Finanzstruckibude Deutsche Vermögensberatung gucken, wo sich der frühere ZDF-Intendant Stolte sowie der WISO-Mann Friedhelm Ost eine goldene Nase an schwachen Finanzproudukten verdienen, die mit ähnlichen Methoden wie beim AWD verkloppt werden.

Für die CDU ist das ZDF heute ein besonders wichtiges Terrain, da es vorwiegend von Senioren konsumiert wird, also eine identische Zielgruppe aufweist, die nicht vor dem Urnengang verunsichert werden soll. Doch das ZDF der Nullerjahre scheint den konservativen Herrschaften nicht mehr unterwürfig genug zu sein. Erst neulich legte der Chefkoch seine schmutzige Hand an die ZDF-Verwaltung, bevor er die Küche verließ. Nun mault der CDU-dominierte ZDF-Fernsehrat, weil das Magazin Frontal 21 der betagten Wählerschaft nicht Sand in die Augen streuen will, wenn es um die Atommafia geht. Die Bilder zu einem Bericht über die Atompolitik sollen zu tendenziös gewesen sein.

Grundsätzlich ist es ja okay, wenn man von einem öffentlich-rechtlichen Sender Ausgewogenheit und Verzicht auf manipulative Elemente und suggestive Stilmittel fordert. Aber wenn der Atomlobby etwas nicht passt, dann soll sie das bitte selber äußern, und nicht das politische Hintertürchen bemühen. Derzeit sieht es auch nicht danach aus, als ließen sich die Mainzelmänner die Pöbelei bieten.

11. Februar 2011

Wie dämlich kann ein FDP-PR-Fuzzy eigentlich sein?

Ich kommentiere ja ganz gerne mal scharf, aber zu dieser Kostprobe an Dilettantismus fällt mir nichts mehr ein. Wer jetzt noch in Hamburg FDP wählt, dem ist nicht mehr zu helfen …

„Last Exit Volksdorf“ von Tina Uebel wird zensiert

Ausgerechnet dem Beck-Verlag, dem mit Abstand größten Verleger juristischer Bücher, droht juristisches Ungemach: Die Autorin Tina Uebel hat sich wohl bei ihrem Roman „Last Exit Volksdorf“ ein bisschen zu sehr an der Realität orientiert, denn eine Person hat sich wiederkerkannt. Die Handlung des Romans spielt übrigens in Hamburg. Da haben sie es ja nicht weit zum Sievekingplatz … ;-)

NPD-Mails geleakt

Nachdem sie bei WikiLeaks ewig in der Pipline fest hingen und nicht bearbeitet wurden, haben die unbekannten Leaker die über 60.000 mitgeschnorchelten Emails der NPD-Leute nun diversen Medien zugespielt.

Eine ähnliche Aktion hatte WikiLeaks vor Jahren in England durchgeführt. Erstaunlicherweise beschwerten sich die NPD-Leute nicht, sondern waren im Gegenteil froh, dass ihnen mal jemand zuhörte …

UPDATE: Das Landgericht Hamburg hatte bereits 2008 dem SPIEGEL das Zitieren aus NPD-Mails per einstweiliger Verfügung verbieten lassen, die jedoch keinen Bestand hatte.