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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


3. März 2011

„Himmel, Arsch und Zwirn“ wird zurückgezogen

Zu den klassischen Irrtümern im Persönlichkeitsrecht gehört die Annahme, eine Person sei nur deshalb nicht erkennbar, wenn man deren Namen nicht schreibt. Es kann sogar ausreichen, wenn die Person in ihrem persönlichen Umfeld erkannt wird. Im Einzelfall ist da viel Wertung dabei. Am Landgericht Tübingen bzw. Amtsgericht Rottenburg wehrte sich ein Frau gegen einen Roman, in dem sie ungünstig wiedererkennt.

Das Schwäbische Tagblatt schreibt:

Namentlich nicht identifizierbar ist – neben dem eigenen Ex-Lebensabschnittsgefährten der Autorin – auch eine Frau, die als frühere Partnerin von Greisungs Ehemann eingeführt wird. Und insgesamt nicht sonderlich gut wegkommt: Das beginnt bei ihrem literarischen Namen „La Dejada“, was zu deutsch „Die Verlassene“ bedeutet. Und es endet noch lange nicht bei Spekulationen um eine vorgetäuschte Schwangerschaft, mit der die als zanksüchtige Nebenbuhlerin charakterisierte Frau lateinamerikanischer Herkunft im Buch versucht, den ehemaligen Liebhaber zurückzugewinnen.

Das Vorwort war dann wohl auch noch etwas ungeschickt …

BILD: Haag und Herchen Verlag GmbH

„Viel Spaß“ mit Howie …!

Howard Carpendales größtes Verdienst ist meiner Meinung nach seine Vorlage für einen der legendärsten Sketche von Anke Engelke.

Eine weniger prickelnde Angewohnheit von Howie ist es, die Gerichte zu nerven. Zum Beispiel mit diesem Schwachsinn, der anfangs noch vor dem LG Köln Bestand hatte, vom OLG Köln jedoch als Narretei erkannt wurde:

In der Werbeanzeige der von der Beklagten herausgegebenen Zeitschrift Glücks Revue wird ein Titelblatt der Ausgabe „Viel Spaß“ vom 6.8.2008 abgebildet, auf dem der Kläger zu erkennen ist. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts folgt nicht aus der Abbildung dieses Titelblatts in der Werbeanzeige. Auch der Umstand, dass diese Werbeanzeige erst am 26.8.2009 erschienen ist, also ungefähr ein Jahr nach Erscheinen des Titelblatts, und dass die Werbekampagne bis zum 4.11.2009 andauerte, insgesamt in jedenfalls 13 Ausgaben der Glücks Revue veröffentlicht war, begründet keine rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung. (…)

Ein Imagetransfer lässt sich gegenwärtig nicht begründen. Selbst wenn die Beklagte eine Titelseite mit dem Kläger ausgewählt hat, weil gerade über ihn viel und regelmäßig berichtet wird, reicht das für einen Imagetransfer nicht aus, weil dem Betrachter nicht allein durch die Anzeige ein Imagetransfer bewusst wird, allenfalls wenn er Kenntnis von einer Vielzahl von früheren Ausgaben hat, was nicht unterstellt werden kann. Nur der Umstand, dass Personen, die sich für den Kläger und dessen Privatleben interessieren, zum gezielt angesprochenen Käuferkreis . der beworbenen Zeitschrift gehören, schafft eine „Verbindung“ zwischen Zeitschrift also Produkt und Kläger. Da aber offensichtlich ist, dass der Kläger insoweit nur einer von vielen ist, über die in der Zeitschrift berichtet wird, kann der Kläger allein nicht einen besonderen eigenen Werbewert begründen.

1. März 2011

Ballacks kurze Klägerkarriere

Vor einem halben Jahr inspirierte mich ein seltsames Verfahren in der Hamburger Pressekammer zur Satire „Das Landgericht am Ende des Universums“. Eine Zeitschrift hatte Herrn Ballacks Karriereende ausgerufen. Da dieses eine Prognose über die Zukunft darstellte, insbesondere in der Gegenwart nicht dem Beweise als wahr oder unwahr zugänglich ist, würde niemand auf die Idee kommen, das als Tatsachenbehauptung zu bewerten. Ansichten über die Zukunft sind sogar der klassische Fall einer Meinungsäußerung.

Niemand? Nun ja … Erstaunlicherweise hatte das Landgericht Hamburg diese Meinungsäußerung dann doch noch zur Tatsachenbehauptung gemacht. Keine Ahnung, wie die das immer schaffen!

Doch nun scheint es, als ob das für diese Woche angesetzte Rückspiel beim OLG Hamburg vorzeitig abgepfiffen wurde. Es ist nicht anzunehmen, dass der beklagte Verlag gekniffen hat. Meine Prognose, das Urteil über die Prognose würde keinen Bestand haben, war offensichtlich beweisbar. ;)

UPDATE: Jetzt ist es offiziell. Ballack ist von seine Karriere als Kläger dieses Falles zurückgetreten! Das Match wurde abgesagt.

28. Februar 2011

Reagan-Berater befürwortet CIA-Liquidierung von Assange

Während hierzulande Leben als höchstes Rechtsgut gilt, hat man in den USA keine Probleme mit solchen Sachen wie Menschenwürdegarantie usw., die Todesstrafe etwa ist tief in der amerikanischen Mentalität verwurzelt. Mit einer bemerkenswerten Selbstverständlichlichkeit erläutert Paul Craig Roberts, der Vater der Reagonomics, die CIA werde Julian Assange liquidieren, wenn man rechtlich nicht zum Zuge käme. Das sei für die CIA nicht ungewöhnlich.

Tatsächlich hätten CIA-Killer eher Formalitäten zu befürchten. Die USA sind erkennen aus irgendeinem geheimnisvollen Grunde nicht Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag an. 2002 hatte die Bush-Regierung verfügt, dass angeklagte US-Täter notfalls mit Kommando-Aktionen befreit werden dürfen. Ein niederländischer Diplomat verschenkte daraufhin einen Globus, „damit Gentleman in Washington“ wisse, wohin er seine Leute schicken müsse.

Dass die CIA Europa als legitimes Operationsgebiet ansieht, ist tatsächlich nichts Neues. Ironie am Rande: WikiLeaks hatte 2009 sein Quartier in Wiesbaden, ebenso wie die CIA-Folterbrigade, die für Abu Ghuraib zuständig war. Wenn Friedensnobelpreisträger Obama nun Assange liquidieren lassen würde, dessen Projekt gegenwärtig ebenfalls für den Friedensnobelpreis nominiert ist, werden es Kabarettisten schwer haben, die Farce noch parodieren zu können.

50 Jahre Adenauer-Fernsehen-Verbot

Heute vor 50 Jahren hat das Bundesverfassungsgericht den Vorläufer von Privatfernsehen und ZDF verboten.

Der im Kaiserreich sozialisierte Adenauer hatte Artikel 5 GG nie so recht verstanden oder sich mit ihm abfinden wollen. Er träumte seinerzeit von einem Propagandaministerium, von dem gerade einmal das Bundespresseamt übrig blieb. Besonders sauer war der katholische Rheinländer über den NWDR, den er als zu links und protestantisch empfand. Seine Hoffnung, durch Zerschlagung in katholischen WDR und protestantischen NDR das Problem zu lösen, wurde enttäuscht: Der WDR entwickelte sich in den 50 Jahren zu einem Hort der Kritik, gerne auch als „Rotfunk“ wahrgenommen.

Also entschloss sich der Kanzler, ein eigenes Fernsehunternehmen aufzuziehen, das von der ihm nahe stehenden Wirtschaft über Produktinformationen und Kaufanreize finanziert werden sollte, mit welchem die Deutschen auf den rechten(!) Weg gebracht werden sollten. Mit bunten Unterhaltungsprogrammen sollte die Lufthoheit von politischen ARD-Sendungen gebrochen werden. Dumm nur, dass Adenauer die Kulturhoheit der Länder übersehen hatte … fand das Bundesverfassungsgericht.

Als Trösterchen erlaubte man Adenauer den Aufbau einer zu den ARD-Häusern alternativen öffentlich-rechtlichen Anstalt, die Adenauer mit ultrakonservativem Personal besetzen konnte, das auch seinen Nachfolgern die Treue hielt. Die Propaganda-Rechnung ging auf, denn Jahrzehnte später wählten die ZDF-Zuschauer Konrad Adenauer zum größten Deutschen.

Es hat eine gewisse Ironie, dass an den heutigen Jahrestag ausgerechnet das Deutschlandradio erinnert, dessen verfassungsrechtliche Konstruktion auch recht spannend ist. Aber: das Deutschlandradio gehört definitiv zu den Qualitätsmedien, die ihren Auftrag kritischer Berichterstattung ernst nehmen.

27. Februar 2011

BILD-Kampagne importiert Holofernes‘ „Ich glaub, es hackt“-Absage

Nachdem Sängerin Judith Holofernes von „Wir sind Helden“ die ungeschickte PR-Anfrage an sie öffentlich machte und einen Rant „Ich glaub, es hackt!“ auf die BILD-Zeitung abfeuerte, waren sogar einige Server aufgrund des unerwarteten Interesses in die Knie gegangen.

Die blamierte BILD-Zeitung konterte diesen Angriff auf ihre (nennen wir es mal) Glaubwürdigkeit in einer wohl unerwarteten Weise: Statt diese Peinlichkeit wie manch ein Minister einfach auszusitzen und das arrogante Feindbild zu bedienen, haben die BILDerer den Nerv, ausgerechnet die schmerzlichen Zeilen von Holofernes in ihrer Werbung wiederzugeben.

Kommunikativ knüpft BILD mit diesem ungewöhnlichen Schachzug an die Blog-Aktion von Kai Diekmann an, als der BILD-Chef dem BILDBlog den Wind aus den Segeln nehmen wollte (und ein Stück weit auch wohl hat). An einem Wochenende, an dem DER SPIEGEL mit einem für BILD unerfreulichen Titel aufmacht, war das eine nicht ungewitzte PR-Maßnahme.

Wir dürfen gespannt sein, wie die BILD ihren Lesern diese Woche den unausweichlichen Rücktritt von „Dr.“ zu Guttenberg kommunizieren wird, dem sie unangemessen hartnäckig die Treue hielt.

25. Februar 2011

Demo in Regensburg für Meinungsfreiheit

Die unfreiwilligen Hamburg-Touristen, denen die Diözese Regensburg eine Pilgerfahrt zum Sievekingplatz zumutete, haben heute mit ca. 100 Leuten gegen die Perversion der Meinungsfreiheit durch gewisse Rechtsausleger demonstriert.

Wir fordern hier und heute, ein Ende der kirchlichen Gewaltherrschaft durch Bedrohung und Unterdrückung – durch Geld und Gerichte. Wir fordern hier und heute eine Wiedergutmachung gegenüber all denjenigen, deren Meinung unterdrückt und deren Stimme überhört wurde. Wir fordern hier und heute eine Entschuldigung der Kirche und ein Bekenntnis zum demokratischen freiheitlichen Staat in dem wir alle leben.

Und nicht zuletzt fordern wir das Landgericht Hamburg auf, sich nicht länger mit der Abschaffung des Grundgesetzes zu beschäftigen, sondern die Meinungs- und Pressefreiheit zu stärken und die Klage gegen Stefan Aigner abzuweisen.“

Bei dem Beitrag, den man „Regensburg digital“ verboten hatte, ging es um einen Seelsorger, der sich auch um das körperliche Wohl seiner jungen Schäfchen sorgte. Wenn zu Guttenbergs Frau so etwas im Schundfernsehen bringt, darf sie sich aus der konservativen Ecke Applaus für ihren Kampf gegen die Perversen des Applauses sicher sein. Wer hingegen die Heiligkeit der Scheinheiligen anzweifelt, lernt das Beten in Hamburg.

Edelmannswort

Morgen möchten empörte Wutbürger gegen den Selbstverteidigungsminister protestieren, wobei sie aus der arabischen Welt das Symbol des Schuhs adaptiert haben, der ja bisweilen sogar zu fliegen pflegt. Das wirft natürlich bei Juristen die Frage auf, ob das Mitführen von zusätzlichen Schuhen bei einer Demonstration erlaubt ist. Bei der Demo wird zwischen Hausschuhen und High Heels mit waffenscheinpflichtigen Absätzen zu unterscheiden sein. Auch eine Prüfung auf Emission unwägbarer Stoffe könnte bei Schuhen gegen eine Zulässigkeit sprechen. Wie man in diversen Doktorarbeiten ja sicherlich nachlesen kann, wird seit Generationen diskutiert, ob der „beschuhte Fuß“ ein gefährliches Werkzeug iSd § 223a StGB sei.

Mit Strafrecht wird sich der gutte Mann auch anderweitig befassen müssen. Zwar muss man in Bayreuth – anders, als anderswo – keine eidesstattliche Versicherung ableisten, man hätte die Disssertation alleine geschrieben, aber nun wird gemunkelt, seine zu Tollheit hätten den Doktortitel schon vor dessen formeller Vergabe geführt – ein Sakrileg! Aber was hat man schon von Edelmannswörtern zu halten …?

Durchlaucht reihen sich allerdings in eine lange Tradition konservativer Munkelmänner ein. Wenn der Baron jetzt auch noch ankündigt, wegen übler Nachrede den Gerichten Arbeit zu machen, dann werden wohl Tausende kriminalisiert – Tatort Internet!

UPDATE: Süddeutsche zur Rechtslage

Den Vogel in Sachen übler Nachrede abgeschossen hat allerdings der eigene Pressesprecher, der am Ende dieses Videos … :-)

Fotomontage via Frank.

24. Februar 2011

Fliegender Hamburger bald im Hafen?

Sogar die Pressekammer des Landgerichts Hamburg hat langsam Zweifel, dass sie für alle Streitigkeiten der sieben Weltmeere zuständig ist. So wurde heute ein Entscheidung bekannt, dass

die (eidesstattlich versicherte) Angabe, dass die Zeitung in Hamburg jedenfalls von der Redaktion einer Hamburger Zeitschrift und von zwei Vereinen gelesen werde,

nicht genügt.

Via Damm-Legal.

Schon bald werden wir von der Pressekammer erneut etwas zum fliegenden Gerichtsstand hören … ;)

23. Februar 2011

Die Spätzle-Spitzel – Schäubles Undercover-Agenten

Noch ein Stück tiefer in meiner Achtung gesunken ist der vormalige Bundesschnüffelminister Dr. Wolfgang Schäuble. Keine 20 Jahre nach dem Ende der DDR mit ihrem verhassten Ministerium für Staatssicherheit mit ihrem Spitzelsystem hat das beliebte konservative Politikerle ein Netzle an V-Leutle installiert.

Europäische Stellen halfen sich gegenseitig bei der Legendierung von Spitzeln aus, die in linke Kreise eingeschleust wurden. Wie einst die Romeo-Agenten waren sich einige der europäischen Spione nicht dafür zu schade, um sogar im Bett aufzuklären. Vom skrupellosen Spitzel zum Lockspitzel oder Agent Provocateur ist es nur ein kleiner Schritt.