Die TAZ berichtet über die per Twitter ausgehebelte Super Injunction eines Fußballers.
Der Anwalt des superberühmten und zunehmend ungeheimen Mannes (ob er nun wirklich den ehelichen Treueschwur gebrochen hatte oder nicht, scheint nun nichts mehr zur Sache zu tun) wollte sowohl den Kurznachrichtendienst als auch alle User verklagen, die den Namen seines Mandanten nannten. Schließlich gab es ja die gerichtliche Anordnung, und diese verbat eben auch das digitale Lästern.
Das wären also über 75.000 einzelne Klagen. Der Mann hätte sich anschließend zur Ruhe setzen können … ;-)
BILD hatte bzgl. der Berichterstattung über die HMI-Lümmeleien ein (offenbar inzwischen entferntes) Video ins Netz gestellt, auf dem ein hochrangiger HMI-Mitarbeiter beim Konsumieren einer weißen Substanz durch die Nase zu erkennen sein soll. (Hier ein paar erstaunlich schwach gepixelte Fotos!) Nunmehr lässt das Unternehmen laut HANDELSBLATT verlautbaren, es habe sich um Salz gehandelt.
Die Berichterstattung in der heutigen Ausgabe der BILD-Zeitung, wonach Handelsvertreter der Hamburg-Mannheimer auf sog. Top 5 Reisen Kokain konsumiert hätten, ist unwahr. Die von der BILD-Zeitung veröffentlichten Fotos zeigen ein Trinkspiel mit Salz, Tequila und Zitronensaft. Dazu gehört das Einschnupfen von Salz durch die Nase. Bei den Handlungen der Akteure auf den von der BILD-Zeitung veröffentlichten Fotos handelt es sich nicht um den Konsum von Kokain. Der ERGO liegen dazu inzwischen auch eidesstattliche Versicherungen von auf den Lichtbildern abgebildeten Personen vor.
Salz durch die Nase? Das darf man sich dann wohl so vorstellen:
Das BILD-Video sah aber nicht nach Spiel aus …
George Bush Sr. hatte mal an einem Joint gezogen, will aber nicht inhaliert haben.
Am schönsten finde ich dieses Dementi:
„Wir legen Wert auf die Feststellung, dass der Schauspieler, der
Herrn Kaiser darstellt, nicht dabei war“, sagte ein anderer Unternehmenssprecher.
Auch der in 2007 amtierende Vertriebsleiter hatte eine lustige Einlassung zu bieten: Der will nur in der Diskothek getanzt und von den Geschehnissen in der Gellert-Therme nichts mitbekommen haben.
UPDATE: BILDblog glaubt das Dementi und untermauert dies mit dem Salzstreuer, der ja auf dem Foto zu erkennen sei sowie einem angeblichen Trinkspiel. Wenn BILD das Gegenteil schreibt, muss es ja falsch sein …
Der Verein Wikimedia e.V. wird alljährlich von einer Spendenflut überrollt, wohl deshalb, weil er von den Spendern ganz überwiegend mit der Wikipedia identifiziert wird. (Nach eigener Darstellung hat man mit Wikipedia nur am Rande zu tun, denn die wird in den USA von jemand anderes gehostet, Verantwortung für Wikipedia-Inhalte und Community lehnt man ab, hat angeblich keinen Einfluss auf diese.)
Geld schafft bekanntlich Begehrlichkeiten. Damit das viele Geld, dass man ja für die Wikipedia gar nicht benötigt, nicht auf den Konten rumschimmelt, hatte man zunächst damit begonnen, lauter Pöstchen zu schaffen. Inzwischen gibt es sogar einen Assistenten der Pressesprecherin usw., obwohl die Pressekontakte jetzt nicht als sooo häufig erscheinen, als dass man überhaupt jemanden Spezielles dafür bräuchte. Nachdem die Personaldecke jetzt offenbar gesättigt ist, hat man nun eine Möglichkeit geschaffen, das schöne Geld mehr oder weniger unter die Wikipedianer zu bringen:
Mit dem Community-Projektbudget stellt Wikimedia Deutschland 200.000 Euro für die Umsetzung von Ideen zur Verfügung, die aus der Wikimedia-Community kommen und geeignet sind, Freies Wissen und dabei insbesondere die Wikimedia-Projekte zu unterstützen und zu verbessern.
Mein Vorschlag: Stellt endlich Mediatoren als spezielle Admins ein, die Konflikte neutral analysieren und mit den Parteien auf Augenhöhe auf eine Entscheidung hinwirken, anstatt wie Judge Dredd jedes Arbeitsklima zu sabotieren. Das wäre ein echter Seegen für die Community und könnte diese für die nachhaltig vertriebenen Akademiker, Experten und sonstige Wissenden attraktiv machen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Vorschlag umgesetzt werden wird, tendiert jedoch gegen Null, denn unter den drei Leuten, die über das Projektbudget entscheiden dürfen (zwei davon übrigens vom Wikipediastammtisch Hamburg), befindet sich ein Zeitgenosse, der die wohl zweitschlechteste Kinderstube unter den etablierten Wikipedianern genossen hat. Als Kandidaten für diesen Wikimedia-Geldverteil-Ausschuss hat man übrigens Leute akzeptiert, die nur unter ihrem Wikipedia-Kampfnamen bekannt sind.
Die Frist, um Anträge zum Geldverbrennen abzugeben, läuft noch bis zum Monatsende.
Aus meiner Sicht hat das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit im „Gerichtsbezirk Hamburg“ gerade den Tiefststand erreicht. Inzwischen nähert sich die hanseatische Unrechtsprechung dem an, was man in Großbritannien als „Super Injunction“ bezeichnet: Man darf nicht mehr über verbotene Äußerungen berichten. (Derzeit ist das Thema gerade wegen der Gag Order gegen Twitter aktuell.) Letzte Woche hat das Hanseatische Oberlandesgericht eine Entscheidung bestätigt, welche den Verdacht des Bundesverfassungsgerichts erhärtet, man kultiviere in Hamburg ein „grundlegendes Fehlverständnis des Gewährleistungsgehaltes der Meinungs- und Pressefreiheit“.
Eine ehemals drogensüchtige Frau war nach ihrem Entzug freiwillig in eine Art Rehabilitationseinrichtung gezogen, in welcher sie wieder an den Alltag gewöhnt und von Drogen ferngehalten werden sollte. Beim Einzug in die mit u.a. Spenden finanzierte Einrichtung musste sie ihre Habseligkeiten und Bargeld in einem „Filzkeller“ einschließen lassen. Andere Patienten berichten davon, man hätte ihnen den Ausweis weggenommen, was kaum mit anerkannten Therapie-Standards zu vereinbaren sein dürfte.
Die Einrichtung machte rein äußerlich einen guten Eindruck, wird als „Fachkrankenhaus“ bezeichnet und von jemandem geleitet, der sich mit den Titeln „Prof. Dr.“ zieren darf. Dieser Doktor allerdings vertritt eher esoterische Konzepte wie „Energietherapie“. Dass die Dissertation nicht die eines „Dr. med.“, sondern eines „Dr. phil.“ ist und offenbar einen anthroposophischen Hintergrund und Doktorvater hat, lässt sich nicht ohne Weiteres erkennen. Die Professur ist die einer einer christlich-konfessionellen Hochschule, wobei man sich schon fragen darf, wie sich denn die anthroposophische Karma-Lehre etc. mit dem christlichen Gedankengut in Einklang bringen lässt. Auch scheint mit den weiteren Bezeichnungen als Psychotherapeut einiges durcheinander geraten zu sein, denn der gute Mann hat nie Psychologie studiert, ist offenbar gerade einmal diplomierter Sozialpädagoge.
In dieser Einrichtung geht es obskur zu. So postuliert der mit zwei windigen Titeln gezierte Sozialpädagoge eine Art karmischen Zusammenhang zwischen Enkeln und Großeltern, zwischen denen ein offenbar erblicher Konflikt bestehe. Dieser sei die Ursache von Drogensucht und könne durch ein Art Ritual bereinigt werden, nämlich durch eine „Familienaufstellung“ – eine höchst umstrittene Therapieform, die von vielen Fachleuten für Quacksalberei gehalten wird. Ein Großteil des Personals besteht aus ehemaligen Bewohnern der Einrichtung, was vornehm als „mangelhafte therapeutische Hygiene“ bezeichnet werden darf.
Um seine diversen Verhaltensregeln wie zum Beispiel ein Verhütungsgebot durchzusetzen praktizierte man in der Einrichtung ein eigenes Strafgesetzbuch: Wer die Hausordnung verletzte, hatte aus seinem Taschengeld ein sogenanntes „Konsequenzgeld“ zu bezahlen. Da es für für solch archaische Strafen keine rechtliche Grundlage gibt, insbesondere schon wegen Interessenkonflikt keine Eigenfinanzierung durch Strafgelder irgendwelcher Art zulässig ist, zählt das bezahlte Konsequenzgeld nach wie vor zum Vermögen der Klienten und müsste eigentlich beim Verlassen der Einrichtung ausbezahlt werden.
Das Seltsame ist jedoch, dass ein reguläres Verlassen der Einrichtung die Ausnahme zu sein scheint. Soweit mir bekannt, nehmen diese Leute irgendwann aus eigenem Entschluss Reißaus. Damit sich derartige Fälle nicht in der Einrichtung herumsprechen, lässt ,man die eingelagerten Sachen nicht abholen, vielmehr übergibt diese der promovierte Sozialpädagoge konspirativ in einem Waldstück.
Nicht nur Sachen werden übergeben, sondern auch Kinder. Diese dürfen nämlich bei ihren Eltern in der Einrichtung wohnen – und müssen es nicht selten, da das Personal den Eltern ihr Sorge- und Umgangsrecht streitig macht. Für jede in der Einrichtung wohnende Person – auch für jedes Kind – kassiert die Einrichtung nämlich pro Monat einen wirklich üppigen Geldbetrag. Die Betreiber müssten geradezu bescheuert sein, ihre Pappenheimer als nicht mehr therapiebedürftig ziehen zu lassen. Die Methoden, mit denen die Sorgerechte streitig gemacht wurden, sind fragwürdig. Auch am Familiengericht hat man sich inzwischen über die Einrichtung eine kritische Meinung gebildet.
Während die meisten der Betroffenen in Scham schweigen, ging vor eineinhalb Jahren eine Frau an die Öffentlichkeit und beklagte sich wegen ihr nicht zurückgegebener Sachen. Sie fragte auch nach dem Verbleib von Konsequenzgeldern und fragte süffisant „Indien?“ Der Sozialpädagoge, in dessen Vorgarten eine Buddha-Statue steht, hatte nämlich einen Spendensammlerverein für Tsunami-Opfer Indien aufgezogen, der übrigens von einer anthroposophischen Bank einen Kredit bekam.
Zwar hat der promovierte Sozialpädagoge bei den Familiengerichten kaum noch Glück, jedoch erkannte sein Anwalt, dass die gesamte Republik sich im Gerichtsbezirk Hamburg befindet und erwirkte bei der ZK 25 zwei einstweilige Unterlassungsverfügungen gegen die mittellose vierfache Mutter. Die Äußerungen seien Tatsachenbehauptungen, für welche sie die Darlegungs- und Beweislast träfe.
Über dieses Äußerungsverbot berichtete mein Mandant in seinem journalistischen Blog, wobei er es nur sinngemäß zusammenfasste, also nicht einmal die konkret verbotenen Äußerungen wiederholte. Er kommentierte die Äußerungen auch nicht weiter, berichtete jedoch wahrheitsgemäß, ihm lägen schriftliche Aussagen von anderen Betroffenen vor, welche die Behauptungen bestätigen. Er wies darauf hin, dass zur juristischen Gegenwehr eidesstattliche Versicherungen benötigt würden, meinte jedoch skeptisch „Das wird nicht reichen“. Der Bericht war schon deshalb ausgewogen, weil ja zutreffend über das antragsgemäß erlassene Verbot berichtet wurde, das Dementi des Quacksalbers damit also mitgeteilt war. Presseanfragen hatte der immer ignoriert.
Das Landgericht Hamburg interpretierte diese Berichterstattung jedoch als üble Nachrede. Mit seiner Äußerung hätte der Mandant beim Leser den Eindruck hervorgerufen, die berichteten Anschuldigungen träfen zu. Tatsächlich allerdings hat der Mandant nur eine fremde Behauptung zur Diskussion gestellt, wobei es ihm freigestanden hätte, sogar eine Meinung darüber zu äußern, dass er der Frau glaubte. Jedenfalls aber hat er das Recht, das Verbot zu thematisieren.
Dennoch sah das Landgericht Hamburg die Berichterstattung als eigene Äußerung. Weder ließ sich das Gericht von eidesstattliche Versicherungen beeindrucken, welche die Version der Frau bestätigten, noch wollte es in einer mündlichen Verhandlung in Mannschaftsstärke aufgelaufene präsente Zeugen hören. Auch in einem anschließenden Hauptsacheverfahren wurde das Persönlichkeitsrecht des Quacksalbers höher gehängt als die Meinungs- und Pressefreiheit meines Mandanten.
Zwar gilt bei Behaupten von Tatsachen eine Beweislastumkehr. Man hätte jedoch die Beweise dazu aufnehmen und bewerten müssen. Die Hamburger jedoch gingen von einem zu erwartenden Patt aus („non liquet“) und sparten sich die Beweisaufnahme. In Hamburg hat nämlich das Persönlichkeitsrecht stets das ausschlaggebende Gewicht, da braucht man sich nicht mit lästigen Beweisaufnahmen rumschlagen. Da hat man Wichtigeres zu tun.
Das Oberlandesgericht Hamburg äußerte die Rechtsauffassung, die Andeutung des Mandanten erwecke „zwingend“ den Eindruck, dass die Anschuldigungen der Frau wahrheitsgemäß seien. Denn der Bericht der fremden Äußerung werde durch den Hinweis auf die bestätigenden Aussagen verstärkt. Auch das Oberlandesgericht wollte keine Zeugen vernehmen oder andere Beweise aufnehmen, sondern bohrte das dünnste Brett und verwarf die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO.
Wie soll man künftig über von Dritten erhobene Vorwürfe berichten? Bisher galt es als Tugend, wenn ein Journalist eigene Recherchen anstellte.
Zur Ehrenrettung des Landgerichts Hamburg ist zu bemerken, dass der Quacksalber in der ZK 24 alle weiteren Verfahren gegen meinen Mandanten verloren hat. Der Mandant hatte sich früher erfolgreich gegen Scientology und die Zeugen Jehovas gestemmt, und wird sich auch von anthroposophischen Energiefeldbeschwörern nicht die Tastatur verbieten lassen.
Der wohlhabende Therapeut übrigens scheute sich nicht, wegen der Anwaltskosten bei der unvermögenden alleinerziehenden Ex-Klientin die Rentenbezüge zu pfänden. Ob das wohl gut fürs Karma ist?
Ich weiß nicht, wie lange die Süddeutsche noch zur Qualitätspresse gezählt werden möchte. Auf der heutigen Titelseite befanden sich zwei Artikel in Nachbarschaft, welche das offenbar gezielte Töten von Menschen durch deutsche Uniformträger zum Thema hatten.
In einem Fall betraf es die Soldaten in Afghanistan, die nach neuerem Stand gezielt auf Einheimische geschossen haben sollen, was als „Selbstverteidigung“ dargestellt wurde (wobei ich nicht weiß, was unsere Soldaten da nach dem Kundus-Massaker überhaupt noch zu suchen haben – sie werden dort als Besatzer wahrgenommen).
Der andere Fall betraf eine Buchvorstellung von NVA-Veteranen, welche die These vertraten, dass es ohne die Mauer Krieg gegeben hätte. Spekulative Geschichtsschreibung zu kommentieren überlasse ich schlaueren Geistern als meinem. Was mir aber an dem SZ-Beitrag massiv aufstößt, ist die Überfrachtung mit etlichen Versuchen, die Veranstalter und Teilnehmer lächerlich zu machen, etwa durch nicht veranlasste Schilderungen von Äußerlichkeiten wie Vergreisung. Stattdessen hätte mich interessiert, was denn die NVA-Generäle zu ihrer These vorgetragen haben. Das ist kein politischer Journalismus, sondern Propaganda.
Ich werde mir jetzt im Gegenteil dieses Buch besorgen, das den SZ-Lesern verbrämt wurde. Vielleicht finanziere ich ja das Buch durch Abbestellen der Süddeutschen.
Ich möchte keinesfalls das Töten an der Mauer verteidigen oder relativieren. Allerdings sollte man Geschichte sachlich angehen und nicht ausblenden, dass auch der westdeutsche Bundesgrenzschutz etliche Menschen bei Grenzübertritten erschossen hat und von deutschen Uniformträgern in Afghanistan ein Vielfaches der Menschen getötet wurde, welche an der Mauer ihr Leben ließen. Um jeden einzelnen Mensch ist es schade. Sind die Gründe, aus denen im Namen Deutschlands derzeit Menschenleben mit der Distanzwaffe beendet werden, wirklich besser, als die der NVA-Generäle?
Die StA Darmstadt hat zur (offenbar untauglichen) Suche nach einem französischen Kuckucksei, das auf auf einem Server der Piratenpartei liegen soll, den Provider aufgesucht – und dann mal eben die digitale Identität und Kommunikationsplattform der Priratenpartei Deutschland abschalten lassen.
Wow! Wer hätte gedacht, dass man die derzeit sechstgrößte Partei Deutschlands zwei Tage vor der Bremen-Wahl durch den Federstrich irgendeiner Staatsanwaltschaft einfach abschalten kann? Verfassungsrechtlich ist dieser Eingriff in die Funktionalität einer im Wahlkampf befindlichen Partei höchstbedenklich, zumal auch das politische Medium, das Piratenblog, abgeschaltet war. Zur Unverhältnismäßigkeit siehe auch Udo Vetters Kommentar.
Auf technischer Ebene sollte darüber nachgedacht werden, die Serverstrukturen zu dezentralisieren und diversifizieren, damit die piratigen Infrastrukturen nicht so einfach sabotiert werden können. Hier in Münster war die Piratenpartei stets online.
Auch bei der Presse ist mal wieder Totalversagen: Statt die Brisanz dieser Angelegenheit zur erkennen, verdrehen etliche Medien die Tatsachen und liefern Überschriften wie „Durchsuchung bei der Piratenpartei“. Bei der Partei selbst gab es keine Durchsuchung, ein untergeschobenes französisches Kuckucksei ist auch keine Rechtfertigung für eine kriminalisierende Berichterstattung. Genauso gut könnte man im Forum von SPIEGEL online eine Aufforderung zu einer dDOS-Attacke platzieren und dann den SPIEGEL in ein schlechtes Licht rücken. Schwache Leistung …
Einer meiner größten Helden in Sachen Ausübung der Meinungsfreiheit hatte neulich bei der Verleihung eines Preises an ihn einen Eklat ausgelöst, weil er seinen Gastgeber nicht direkt geschmeichelt hatte. Nun ist ein Audio online (via fefe).
Kein Witz: Das Amtsgericht Hamburg schließt sich in Internet-Krawallfällen der Meinung des Amtsgerichts Charlottenburg an und will § 32 ZPO nur noch bei örtlichem Bezug anwenden.
Der entsprechende Amtsrichter und bereits sein Vorgänger waren stets durch Vernunft und Augenmaß für Hamburger Verhältnisse aufgefallen. Doch obwohl man in der gleichen Kantine isst, hat mich neulich ein gewisser Hamburger Landrichter wissen lassen, er werde am fliegenden Gerichtsstand festhalten. Auch das Landgericht Berlin ist noch nicht zur Vernunft gekommen. Da es im Medienrecht keine Kunst ist, den Streitwert jenseits der 5.000,- Euro zu treiben, wird sich die Meinung des Amtsgerichts kaum praktisch auswirken. Der Moral allerdings tut solch eine Haltung gut!
Der neben § 32 ZPO, den man zur Allzuständigkeitsnorm des Landgerichts Hamburg für Internetdelikte pervertierte, wohl größte Schandfleck in der gegenwärtigen Zivilprozessordnung ist ohne Zweifel der vor einem Jahrzehnt eingeführte § 522 Abs. 2 ZPO. Hat man sich eine Willkürentscheidung in der ersten Instanz eingefangen und die Kosten und Mühen der Berufung auf sich genommen, haben es derzeit die Richter der Instanz in der Hand, ohne Angabe von Urteilsgründen die Berufung zu verwerfen. Diese Aushöhlung des Rechtswegs ist dann besonders fatal, wenn man aufgrund des fliegenden Gerichtsstands im Netz des Zensurkartells am Hamburger Sievekingplatz gefangen ist. Eine Zensur findet statt, nicht aber eine Berufung – sollte es nicht umgekehrt sein?
Obwohl die Probleme mit § 522 Abs. 2 ZPO eigentlich absehbar waren, hat es erst Schmerzen bedurft, bis dieser Missstand endlich mit der erforderlichen Lautstärke in die Diskussion geraten ist. Die Bundesanwaltschaft hat nun ein aktuelles Statement (PDF) nebst zwei Referaten von Prof. Greger und RA beim BGH Dr. Schultz vorgelegt, denen wenig hinzuzufügen ist. Den bereits woanders geäußerten Eindruck, dass sich in Wirklichkeit nicht drei Richter mit der Akte befassen, sondern lediglich der Berichterstatter, und daher nicht wirklich eine „einstimmige“ Entscheidung ergeht, schließe ich mich ausdrücklich an – was gefährlich ist, denn Hamburger Gerichte mögen „Eindrücke“ und Zu-Eigen-Machen derselben überhaupt nicht.
Prof. Hoeren, dessen Faszination für Internetrecht ich seit dessen Wechsel an die Uni Münster ca. 1996 verfolge, hat einen interessanten Vortrag mit Bezügen zur Geschichte des Urheberrechts gehalten. Übrigens: Der Mann, der sich um die Rechner der rechtswissenschaftlichen Fakultät Münster kümmert, Jens Seipenbusch, war bis zum Wochenende Vorsitzender der Piratenpartei Deutschlands.