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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Houdini – entfesseltes Recht

 

Heute um 19.30 Uhr bringt das ZDF eine Doku über Houdini, zu dem ich eine besondere Beziehung habe. 2006 hatte mich der Magische Zirkel von Deutschland anlässlich des 80. Todestags (30.10.1926) mit einer Kurz-Biographie über den legendären Entfesslungskünstler und Zauberer beauftragt, den seinerzeit George Bernhard Show neben Jesus und Sherlock Holmes zu den drei bekanntesten Menschen der Welt zählte.

Houdinis Leben verlief denkbar bewegt. Der Magier war nicht nur äußerst geltungssüchtig, sondern auch sehr streitfreudig, gerne auch im Gericht. Er leiferte sich etliche Prozesse gegen Kritiker, die behaupteten, seine Tricks durchschaut zu haben und ging gegen Nachahmer vor. Wer immer Stress mit Houdini suchte, bekam einen unerbittlichen Feind.

Houdinis Prozesse sorgten stets für Presseaufmerksamkeit. Mit seinem Konkurrenten Hardeen lieferte sich Houdini eine 25 Jahre andauernde Pressefehde. Nach Houdinis Tod kam heraus, das Hardeen in Wirklichkeit Houdinis Halbbruder war, der „Streit“ war in Wirklichkeit eine inszenierte PR-Kampagne … ;)

Der 1900 praktisch unbekannte Houdini hatte seinen Durchbruch in Deutschland, nachdem er sich in Dresden gefesselt in die Elbe werfen ließ und überlebte. Am Ufer war ein Bussgeld fällig, weil das Betreten des Rasens verboten war. Mit Houdinis Entfellslungsnummern konnten sich vor allem Menschen in Polizeistaaten wie dem deutschen Kaiserreich und dem russischen Zarenreich identifizieren, wo Houdini fast zwei Jahrzehnte seinen wichtigsten Markt hatte. Dort führte er auch viele Prozesse. Sein damals wichtigster Anwalt war ein Medienrechtler, der seine Honrare auch im Berliner Filmgeschäft investierte.

Houdini war definitiv ein Hacker. So lernte er in Deutschland alles über Schlösser und machte Lockpicking zur Kunst. Sein wichtigster Mitarbeiter war jedoch der deutsche Schlosser Franz Kukol, der die Spezialrequisiten konstruierte. Außerdem erlernte er in Hamburg das kurz vorher erfundene Fliegen. Erst mit dem Ersten Weltkrieg zog sich Houdini aus Europa zurück. In den USA konnte er mit großem Werbeaufwand einen ähnlichen Status wie in Europa erzielen.

Selbst die Legendenbildung um Houdinis mysteriösen Tod hatte mit Anwälten zu tun. So verhandelten die Juristen mehrere Tage lang, bis schließlich eine Lösung für alle Parteien akzeptable Version gefunden wurde, die eine Auszahlung einer Versicherungssumme an die Witwe ermöglichte.

Das Schreiben der Biographie war schon deshalb interessant, da es in deutscher Sprache bislang keine ansatzweise brauchbare Houdini-Bio gibt, dafür in den USA jedoch etliche. Trotz strengster Auswahl auf das Wesentliche wurden es 19 eng beschriebene Seiten. Eine besonders erfolgreiche Houdini-Bio, die mir stilistisch sehr gut gefiel, stammte von einer britischen Autorin, die am Denkmal Houdini sägte. Das brachte ihr den Hass der US-Zauberer ein, denn Houdini gilt als der erste amerikanische Superheld und Popstar.

Der US-Zauberer Bill Kalush, der als einer der besten Close Up-Künstler unserer Zeit gilt und das Conjuring Arts Research Center gegründet hat, machte es sich daraufhin zu Lebensaufgabe, die ultimative Houdini-Bio herauszubringen, ebenfalls zu 2006. Kalush und sein Co-Autor fuhren bei der Recherche einen unglaublichen Aufwand, allein für die Fußnoten wurde ein zweites Buch gedruckt – das keinen einzigen Hinweis auf die verachtete britische Autorin enthält …). Das Buch ist wirklich beeindruckend geworden.

Während die meisten US-Houdini-Biographen wegen der Sprachbarriere Houdinis Deutschland-Bezüge nahezu ausließen, so etwa die oben eingebettete Doku „Unlocking the Mystery“ von 2005, recherchierte Kalush gründlich auch hierzulande. Dabei half ihm unser gemeinsamer Freund Volker Huber.

Kallush bekam vom Verlag eine Million Dollar, die vermutlich nur die Kosten gedeckt haben. Für Kalush dürfte das Honorar eher eine Geste gewesen sein, denn der Mann ist in seinem Hauptberuf Milliardär. Natürlich wurden auch die Filmrechte verkauft. Im Mai diesen Jahres wurden Verhandlungen mit Johnny Depp für die Hauptrolle bekannt. Der Film soll als eine Art Indiana Jones-Version aufgezogen werden.

 

 

Unabhängig von diesem Projekt wird gerade eine TV-Serie über Houdini produziert, on der den Magier der Oscar-Gewinner Adrian Brody verkörpern wird, der selbst einmal professioneller Zauberkünstler war.

Houdini betätigte sich in seinen letzten Jahren als Anti-Spiritist und stritt sich mit einer frivolen Geisterbeschwörerin. Die skurrile Geschichte, über die auch die Freundschaft zwischen Houdini und Arthur Conan Doyle zerbrach, habe ich vor ein paar Jahren mal auf TELEPOLIS nachgezeichnet.

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Autor:
admin
Datum:
19. Oktober 2014 um 13:24
Category:
Allgemein,Landgericht Berlin,Medienmanipulation,Medienrecht,Urheberrecht
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