Auf Telepolis hatte ich kurz skizziert, warum ich das aktuelle Parteiausschlussverfahren der SPD gegen Edathy für fragwürdig halte. Aus einer politischen Partei kann man nicht einfach nach Lust und Laune ausgeschlossen werden, sondern nur dann, wenn ein Fall des § 10 Abs. 4 Parteiengesetz vorliegt:
„Ein Mitglied kann nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt.“
Das Privatleben von Parteimitgliedern geht die Partei allerdings grundsätzlich nichts an. Selbst Kriminalität eines Parteimitglieds könnte einen Ausschluss nur dann tragen, wenn dieser einen Verstoß gegen einen Grundsatz der Partei darstellt, was natürlich von Partei zu Partei verschieden ist. So wären Korruption oder Betrug bei Politikern von CDU/CSU/SPD/FDP sozialtypisches Verhalten. In der Piratenpartei wäre Urheberrechtskriminalität unschädlich. Bei den Grünen wären kriminell dumme Ansichten über alternative Medizin mit den Grundsätzen der Partei vereinbar, zu denen Placebo-Symbolpolitik nun einmal gehört.
Es kann dahinstehen, ob der Partei durch die Edathy ein schwerer Schaden verursacht wurde, denn den hat Edathy nicht durch vörsätzlichen Satzungsverstoß oder erhebliche Verstöße gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verursacht. Ein Parteibezug wurde erst durch die Aufhebung der parlamentarischen Immunisierung hergestellt, die aber nach Stand der Dinge nur auf einen vagen Anfangsverdacht, nicht aber auf einen dringenden Tatverdacht gestützt war. Edathy dürfte so ziemlich der letzte gewesen sein, der den Fall in die Öffentlichkeit getragen hat.
Dem Ruf der Partei schaden allerdings Politiker wie Sigmar Gabriel, die nun einen Sündenbock in die Wüste schicken wollen. Ich vermute mal stark, dass man hofft, Edathy lasse sich durch das Verfahren rausekeln und käme einem Schiedsspruch zuvor. Dafür spricht, dass die ehrenwerten Genossen das dreiseitige Antragsschreiben an die Presse durchgestochen haben – ein klarer Verstoß gegen §§ 17, 9, 24 der Schiedsgerichtsordnung der SPD, der eine Parteiordnungsmaßnahme verdient hätte.
(Der Autor gehörte eineinhalb Jahre einem Bundesschiedsgericht einer politischen Partei an.)