Vor 30 Jahren überlebten die beiden Supermächte den bislang gefährlichsten Fehlalarm in der Menschheitsgeschichte. Das genaue Datum, 26. oder 27. September 1983, steht nicht fest. In dieser Nacht bewahrte Stanislaw Petrow einen kühlen Kopf, als in Ost und West Wahnsinnige die Welt für den gegenseitigen Overkill vorbereitet hatten. Der Computer hatte die Signale der Spionagesatelliten, welche ca. 1.000 US-Startbasen überwachten, als „Angriff“ bewertet und fünf anfliegende ballistische Raketen gemeldet.
Ich hatte erstmals über Petrow 2008 zum 25. Jahrestag der RYAN-Krise geschrieben, die damals von deutschen Historikern noch nicht anerkannt worden war. Letztes Jahr hatte auch der konservative Publizist Guido Knopp Existenz und Brisanz der RYAN-Krise eingeräumt, wobei er dem NATO-Spion Rainer Rupp allerdings nicht ganz dessen wichtige Rolle zugestand. Etliche Journalisten bewerten den den Vorfall noch heute als den gefährlichsten nach der Kubakrise. Da es damals allerdings in Ost und West keine Tausende ballistische Raketen gab, die Reaktionszeit ungleich höher und nicht in dem Maße automatisiert war und die Nervosität bei den Russen von 1983 ihre eigene Existenz betraf, kommen Militärhistoriker zu dem Schluss, dass dieser Vorfall das riskanteste Ereignis in der Menschheitsgeschichte war.
2009 hatte ich das Privileg, Stanislaw Petrow persönlich kennenzulernen und mit ihm Freundschaft zu schließen. Seine Geschichte habe ich von Petrow aus erster Hand erfahren. Überwachung birgt nun einmal den Nachteil von Irrtümern und Phantomkonflikten.
Im Rahmen eines politischen Theaterprojekts in Düsseldorf und Berlin, bei dem sich die Darsteller selbst spielten, durfte ich ihm jeden Abend in der Vorstellung seinen „Preis für seine Verdienste um die Erhaltung der Welt“ überreichen, der ihm 2006 von einer „Vereinigung der Weltbürger“ vor der UNO in New York verliehen wurde. Außerdem assistierte mir Petrow dabei, die isländische Ex-NATO-Majorin Herdis Sigurgrimsdottir schweben zu lassen. Der Ingenieur hatte an den Zaubertricks großen Spaß.