Im Bezug auf die etwas knapp versandte formelle Einladung zur Aufstellungsversammlung der NRW-Piraten am 26./27.01.2013 in Meinerzhagen zur Aufstellung der Kandidatinnen und Kandidaten für den 18. Deutschen Bundestag kommentiere ich wie folgt:
Es stellen sich zwei Fragen:
1. Können Parteimitglieder die Aufstellung erfolgreich anfechten?
2. Könnte der Bundeswahlleiter etwas beanstanden?
Beide Fragen beantworte ich mit: „Nein“.
Zu 1:
Aktuell können keine neuen Anfechtungen erklärt werden, weil die zweimonatige Anfechtungsfrist am 27.03.2013 verstrichen ist. Wer die AV bereits fristgerecht angefochten hat, benötigt ein sogenanntes „Feststellungsinteresse“. Ein solches wird etwa unterlegenen Bewerbern für eine Anfechtung zugebilligt, da nur solche einen greifbaren Nachteil erlitten haben könnten. Sofern überhaupt Bewerber innerhalb der Frist angefochten haben sollten, wäre unerfindlich, worin ein Nachteil liegen sollte, wenn diese offiziell erst wenige Minuten nach Mitternacht ihre Einladung im E-Mail-Postfach vorfanden. Die Angelegenheit betrifft alle gleichzeitig, der Termin war seit langem bekannt, das Bewerberportal seit etwa einem Monat freigeschaltet, niemand hätte auch nur eine Stimme mehr oder weniger bekommen.
Zu 2:
Auch der Bundeswahlleiter wird nichts zu beanstanden haben.
Zwar schreibt das Parteiengesetz vor, dass die Aufstellung außer in den Wahlgesetzen auch in den Satzungen zu regeln sei. Die Betonung liegt aber auf „zu regeln“. Eine andere Frage ist, inwieweit auch die Einhaltung dieser Regeln überprüfbar ist. Hierzu sagt die berühmte Entscheidung „BVerfGE 89, 243 – Kandidatenaufstellung“, die auch im umstrittenen Gutachten ausdrücklich und zentral genannt ist:
„Verstöße allein gegen das Satzungsrecht der Parteien sind wahlrechtlich ohne Bedeutung. „
Weiter steht dort:
„Zu den in §§ 21 Abs. 1 bis 4 und 6, 27 BWahlG normierten Anforderungen an die Kandidatenaufstellung durch politische Parteien gehört auch die Einhaltung eines Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann. „
Ein „Kernbestand an Verfahrensgrundsätzen“ wurde bei einer denkbar demokratischen Wahl wie bei der AV Pampa zweifellos eingehalten.
Nervosität könnte bei der mit dem Gutachten beauftragten Kanzlei der weitere Leitsatz ausgelöst haben:
„Es begründet einen Wahlfehler, wenn die Parteien rechtlich mögliche und ihnen zumutbare organisatorische Maßnahmen zur Einladung der teilnahmeberechtigten Parteiangehörigen unterlassen.“
Nun war es sicherlich möglich und zumutbar, die formelle Einladung mit etwa einem Tag Sicherheitsabstand vor Fristende abzusenden. Sieht man sich den entschiedenen Fall aber einmal genauer an, so ging es dort aber darum, dass sich dort ein Bewerber durch einen Rechtsverstoß benachteiligt sah und der Vorwurf im Raum stand, man habe diesem nicht genug Gelegenheit gegeben, für seine Kandidatur zu werben. Diesem Einwand hatte das Bundesverfassungsgericht sogar Rechnung getragen, aber im Ergebnis trotzdem eine Mandatsrelevanz abgelehnt. Der dortige Bewerber hatte nicht plausibel machen können, dass bei korrektem Verfahren ein anderes Aufstellungsergebnis erzielt worden wäre.
So liegt der Fall hier. Ob die Einladungs-E-Mail einige Minuten vor Mitternacht oder nach Mitternacht eintraf, ist ohne erkennbare Relevanz für den Verlauf der AV Pampa, betraf jedenfalls alle Bewerber in gleicher Weise, benachteiligte niemanden. Ein vorsätzlicher oder wenigstens bewusster organisatorischer Mangel ist nicht erkennbar. Die verlangten „elementaren Voraussetzungen einer demokratischen Wahl“ wurden in Meinerzhagen offensichtlich eingehalten.
Und jetzt bitte Wahlkampf. Danke sehr.