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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Paparazzi-Foto: BGH urteilt ausnahmsweise mal schärfer als die Hamburger Pressekammer

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Pressemitteilung über ein Urteil zugunsten des inzwischen verstorbenen Gunther Sachs gegen den Axel Springer-Verlag veröffentlicht. Sachs hatte gegen die Verwendung eines Paparazzi-Fotos geklagt, auf dem er „BILD am Sonntag“ lesend zu sehen war.

Sachs begehrte

  • Unterlassung bzgl. des Fotos,
  • Unterlassung des Begleittextes,
  • Zahlung einer fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 50.000,- €, weil das Foto zu Werbezwecken verwendet worden sei.

Die Hamburger Pressekammer verbot 2009 einzig den Begleittext. Der Unterlassungsantrag wegen des Fotos hatte an einer handwerklichen Schwäche gelitten, weil dieser wertende Elemente enthielt. Die begehrte Lizenzgebühr für das grundsätzlich rechtswidrige Paparazzi-Foto scheiterte an der Bewertung durch Kammer als redaktioneller Inhalt. Für publizistische Verwendung könne nach der Verkehrssitte grundsätzlich kein Entgelt beansprucht werden.

Die Berufung zum OLG Hamburg hatte 2010 mit nachgebessertem Unterlassungsantrag zum Foto den gewünschten Erfolg. Auch die Lizenzgebühr wurde zugesprochen:

(…) Bei redaktionellen Beiträgen kommt allerdings im Regelfall weder ein Bereicherungsanspruch noch ein Schadensersatzanspruch in Betracht, da nach der Verkehrssitte für derartige Berichterstattungen kein Honorar gezahlt wird. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, angesichts der weitreichenden Kommerzialisierung des Rechts auf Schutz der Privatsphäre, wie sie etwa in der Verbreitung von Homestories zum Ausdruck kommt, die von den Betroffenen gegen Entgelt ermöglicht werden, im Falle eines Eingriffs in die Privatsphäre zugleich einen Eingriff in vermögensrechtliche Bestandteile des Persönlichkeitsrecht zu sehen, der zu einem Lizenzanspruch führt (Götting/Schertz/Götting, Handpunkt des Persönlichkeitsrechts, §45, Rn. 4.; HH-Ko/MedienR/Wanckel, 44,43). Ob eine derartige Ausweitung von Lizenzansprüchen mit dem Recht der Presse auf freie Berichterstattung in Einklang zu bringen ist, erscheint fraglich. Zweifel ergeben sich schon deshalb, weil oftmals die Grenzen des Privatsphärenschutzes unklar sind, so dass in Zweifelsfällen die Bedrohung mit einem Anspruch auf Lizenz zu einem Einschüchterungseffekt und damit einer unangemessenen Einschränkung der Pressefreiheit führen kann. Dies kann im vorliegenden Fall jedoch dahin stehen.

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Dieser ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte mit dem offenkundig rechtswidrigen Beitrag unter Verwendung der Abbildung des Klägers in Verbindung mit dem Begleittext offen für ihr Produkt wirbt. Im Unterschied zu einer Maßnahme zur Förderung des Verkaufs einer konkreten Ausgabe eines Presseprodukts, die mit der Veröffentlichung eines unzulässigen Beitrags über das Privatleben Dritter oder mit dem unrechtmäßigen Abdruck eines Bildnisses auf der Titelseite geschieht, hat der hier in Frage stehende Artikel generell werbenden Charakter für das Produkt der Beklagten. Insofern ähnelt der in Frage stehende Beitrag inhaltlich weitgehend einer Werbeanzeige für BILD am SONNTAG.

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Zwar ist für den Leser erkennbar, dass der Kläger nicht bewusst als Testimonial für die Zeitung wirbt, sondern dass es sich um ein ohne seine Einwilligung gefertigtes Paparazzi-Foto und um einen von der Redaktion gefertigten Text handelt. Ein Eingriff in die vermögensrechtlichen Aspekte des Persönlichkeitsrechts kann aber auch dann vorliegen, wenn der Abgebildete nicht als Testimonial fungiert, wenn aber durch das unmittelbare Nebeneinander der Ware und des Abgebildeten das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen wird, weil der Betrachter eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstellt, der zu einem Imagetransfer führt (BGH AfP 2009, 485; BGH AfP 2010, 237ff). (…)

Der Beitrag hatte nach Auffassung des OLG inhaltlich ganz überwiegend den Charakter einer Werbeanzeige für das Produkt der Beklagten, obgleich dieser in redaktioneller Form erschienen.

Der BGH schloss sich dieser Auffassung offensichtlich nun an.

Landgericht Hamburg 324 O 338/09; OLG Hamburg 7 U 130/09; BGH I ZR 234/10

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