Zu den Klassikern persönlichkeitsrechtsrelevanter Fälle zählt das nicht öffentlich gemachte Privatleben. Zu einem aktuellen Fall hat die Süddeutsche einen Kommentar veröffentlicht, den ich kurz ergänzen möchte.
Es gab – jedenfalls in der Bonner Republik – unter allen großen Verlagen etc. die Absprache, dass bei Politikern nicht über Seitensprünge und artverwandte „G’schichtn“ berichtet wurde. Selbstverständlich gab es das, die Presse wusste häufig, wer fremd geht, die Politiker mussten sich nicht einmal wirklich verstecken. Es ist damals nie etwas darüber geschrieben worden. Beim damaligen Bundeskanzler Willy Brandt vielleicht, da gab es gewisse Andeutungen, die aber erst im Windschatten der Guillaume-Affäre deutlicher wurden (so genau weiß ich es nicht, war ja vor meiner Zeit). Die Frauengeschichten, die man von einem damals zum Halbgott verklärten bayrischen Ministerpräsidenten so hört, gingen nicht in Druck. Bei Kohl hat man manchmal Andeutungen über die rasante Karriere seiner Sekretärin gelesen, aber im Großen und Ganzen hatte man Politikern ihre Ruhe gelassen.
Es mag Fälle geben, wo das Privatleben insoweit tatsächlich eine Relevanz aufweist, etwa bei bewusst inszenierten Saubermänner mit Doppelmoral, die ggf. politisch Dinge fordern, die mit ihrem privaten Gebaren in Widerspruch stehen.
Wirklichen Nachrichtenwert haben Seitensprünge nicht. Sie werden von Politikern aller Couleur praktiziert. Politiker sind nun einmal von Berufs wegen Opportunisten. So what?
Seit ich vor etlichen Jahren angefangen habe, Medien und die Verteilung und Bewertung von Information durch Gatekeeper genauer zu verfolgen, habe ich keinen Zweifel daran, dass der Entschluss über Schweigen oder Veröffentlichen von Privatissima aus politischen Erwägungen erfolgt. Meistens ist es gar nicht einmal der eigentliche politische Gegner, der ja nur eine Person gegen dessen Stellvertreter eintauschen würde, vielmehr sitzen die Büchsenspanner häufig in der eigenen Partei.
Zum aktuellen Fall habe ich mir über den politischen Nutznießer noch keine Meinung gebildet. Aber auf die Redaktion des Magazins, welche diese überflüssige Kolportage gebilligt hat, sehe ich schon länger mit Sorge. Ich kenne im Medienbetrieb viele Journalisten, welche sich das Mem „Das ehemalige Nachrichtenmagazin“ zumindest privat zu eigen gemacht haben.