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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Spaziergänger brauchen Ausweise

Die Polizei hat jederzeit das Recht, die Personalien festzustellen. Wer seine Identität nicht durch einen mitgeführten Ausweis dokumentieren kann, darf eingepackt und auf die Wache gebracht werden (Sistierung).

Zum Wochenende ist dies einem pressebekannten Spionforscher und Spaziergänger in Griesheim bei Darmstadt widerfahren. Seit fast zwei Jahren spaziert Bangert friedlich mit Gleichgesinnten zum Spiongehege Dagger Complex, stets beäugt von Polizei, Geheimdiensten und Militär. Diesmal allerdings kam es zu einem Zwischenfall, den Polizei und Bangert unterschiedlich wiedergeben.

Die Darstellung, Bangert hätte die Zufahrt durch seinen Körper blockiert, ist angesich deren Breite nicht nachvollziehbar. Ebenso schwer zu glauben fällt die angebliche Notwendigkeit einer Identitätsfeststellung. Warum ein Bürger erst mit dem Gesicht in den Dreck gedrückt und dann Pfefferspray in die Augen bekommt, ist schon etwas seltsam. Auch der Alkoholgehalt von 0,8 Promille spricht nicht für eine unkontrollierbare Gefahr.

Wie sich der Vorfall tatsächlich zugetragen hat, könnte anhand eines Videos nachvollzogen werden. Dieses befindet sich auf einem der Datenträger, welche die Polizei jedoch zum „Zweck der Beweissicherung“ beschlagnahmt hat. Auch das ist ein bisschen merkwürdig, denn wenn ein Ort gut überwacht sein dürfte, dann doch wohl der NSA-Standort Nr. 1 in Europa. Da scheint die Polizei jedoch keine Filme eingesammelt zu haben.

Wir lernen: Bei zu erwartendem Polizeikontakt mit politischem Hintergrund immer einen Ausweis, aber auch ein Parkticket mitführen.

Für Facebookverweigerer habe ich das Statement von Banger geraubmordkopiert:

Spione – Polizei – Würgen – Pfefferspray – Verhaftung

Sehr verehrte Damen und Herren,

vergangen Samstag hat sich wieder eine kleine Gruppe Spion-Forscher, um 15:00 Uhr auf dem Griesheimer Marktplatz, zusammen gefunden. Nach kurzer Besprechung der Forschungsziele und einem Erfrischungsgetränkt begab sich die Forschergruppe auf den Weg zum NSA-Spion-Gehege.

Fast am Gehege angekommen wurden die Forscher von einem Wagen der Vorgesetzten der Gehege-Wärter überholt.

Routinemäßig kontrollierten die Forscher die „Sicherheitslücke“ im Gehege-Zaun. Nach wie vor besteht hier größte Ausbüxgefahr (siehe https://nsassb.de/?s=sicherheitslücke ).

Am Gehege-Eingang angekommen begrüßten die Forscher die Gehege-Wärter und fingen an die Gehege-Einrichtung zu dokumentieren. Nach kurzer Zeit hielt ein Passant mit seinem Auto mitten vor der Gehege-Einfahrt an und kam mit den Forschern ins Gespräch. Die Gehege-Wärter beschwerten sich über das Fahrzeug und wollten dass es aus dem Einfahrtsbereich verschwindet. Der Passant fuhr daraufhin 1m zu Seite, stieg wieder aus und unterhielt sich weiter. Immer noch beschwerten sich die Gehege-Wärter woraufhin das Fahrzeug weiter weg geparkt wurde.

Für ein Foto legte sich der 1. Vorsitzende kurz in die Einfahrt worauf sich wieder die Gehege-Wärter beschwerten und die Einfahrt nach dem Foto wieder frei gemacht wurde. Genutzt wurde sie lediglich zwei Mal. Beide Male zeigten die flüchtenden Spione merkwürdiger Weise kein Interesse an ihrem Lieblings-Futtermittel (siehe https://nsassb.de/?s=futtermittel ).

Ab jetzt aus Sicht des 1. Vorsitzenden:

Nach einer Weile kam eine Polizeistreife und hielt mitten in der Einfahrt. Der Fahrer meinte noch beim Aussteigen: „Einmal die Ausweise bitte, wer keinen hat wird mitgenommen.“ Währenddessen öffnete der 2. Beamte den Kofferraum, indem er einen Hund hatte (der aber noch im Kofferraum blieb).
Ich habe mich in die erste Reihe vor den Beamten gestellt und gesagt: „Ich hab kein Ausweis dabei, also muss ich wohl mitkommen. Wo soll ich mich hinstellen?“ Der Polizist winkte ab und sagte: „Erstmal die, die Ausweise haben. Dich machen wir am Ende.
Daraufhin bin ich ca. 7-10m vom Geschehen weggegangen um (wie seit über 1,5 Jahren) ein Foto von der Situation zu machen. Das hat der Polizist, der die Ausweise einsammelte mitbekommen, kam zu mir und meinte: „Keine Fotos!“. Ich hab gefragt warum und dass ich schon seit fast 2 Jahren Bilder von allem was hier passiert mache und es nie ein Problem war. Der Polizist meinte, er wolle nicht fotografiert werden. Ich hab ihm geantwortet, dass er ja jetzt neben mir steht und nicht auf dem Bild wäre und wollte fotografieren. Dann hieß es „Kamera her“. Wieder hab ich gefragt warum? Aus welchem Grund? Er nannte keinen. Nur immer wieder Kamera her während er danach griff. Ich hab meine Kamera festgehalten und gesagt, dass es ohne Grund auch keine Kamera gibt.

—Ca. ab hier müssten unsere Videoaufnahmen vom Geschehen beginnen.—

Dann hieß es „Hände auf den Rücken!“. Wieder hab ich nach einem Grund gefragt und gesagt, dass ich seit fast 2 Jahren herkomme, so ein Drama noch nicht vorgefallen ist, dass ich nichts gemacht habe und meine Hände auf gar keine Fall auf den Rücken lege sondern hab weiterhin meine Kamera gut festgehalten und die Arme verschränkt, sodass er meine Arme nicht umdrehen kann.
Er hat mich von hinten festgehalten und immer wieder versucht meine Arme umzudrehen – ohne Erfolg. Die anderen Spaziergänger filmten und fotografierten das Geschehen.
Ich hab lautstark gegen diesen Irrsinn protestiert (ja, auch geflucht!), immer wieder gefragt was mir eigentlich vorgeworfen wird, ich nichts gemacht habe und er für all seine Aktionen überhaupt kein Recht hat. (Wohlgemerkt: Es wurde nicht mal ein Bild geknipst.) Das scherte den Polizisten wenig, immer wieder „Hände auf den Rücken!“ und Versuche mir die Arme umzudrehen und mich zum Stolpern zu bringen – ohne Erfolg.
So bin ich dann mit dem Polizisten im Schlepptau über die Straße, hinter dem Polizeiauto lang bis vor den Kofferraum gelaufen. Der andere Polizist hatte bereits seinen Hund aus dem Zwinger geholt und ließ ihn Schnappen und Bellen um die Filmenden zu verscheuchen.
Vor dem Kofferraum hat der Polizist dann meinen rechten Arm losgelassen und mich stattdessen gewürgt. Ich konnte noch ein paar Mal „Hilfe!“ in die Kamera krächzten bis ich mit (lt. Beobachtern rot/blau angelaufenen Kopf keine Kraft mehr hatte und er mich zu Boden riss.
Dabei bin ich auf Schotter und Asphalt gefallen und er auf mich drauf. Ich hab mir den Arm aufgerissen und er hat bestimmt auch eine Schürfwunde.

Ich lag auf dem Bauch mit Kamera in der Hand und Armen unter mir auf dem Boden. Der Polizist mit dem Knie auf meinem Rücken. Weiterhin schrie er „Hände auf den Rücken!“ , drückte immer wieder meinem Gesicht in den Sand und riss an meinen Armen – ohne Erfolg.

— Die Filmenden müssten ab hier auf größerem Abstand sein. Hund sei Dank. —

Immer wieder hab ich gefragt was das Ganze soll, dass ich überhaupt nichts gemacht habe und er vergessen kann, dass ich mir die Arme auf den Rücken binden lasse. Ich hab ihm angeboten, dass ich mich jetzt hinsetze, eine Hand hoch halte, er meine Hand an seine ketten kann, wir gemeinsam aufstehen und normal reden. Hände auf den Rücken! Hände auf den Rücken! –„Nö, Hände auf den Rücken kannst du vergessen.“

Das ging so ca. 15-20 Minuten. Die ganze Zeit Knie in die Seite, Knie in Rücken, Arme fixiert, am Arm gerissen. Immer wieder hab ich mich aufgeregt (arg verharmlost), ihn ebenfalls angeschrien, er soll mich endlich los lassen, ich hab nichts getan und dass das alles unnötig sei. Mindestens 10x hab ich mein Angebot wiederholt. Jedes Mal „Hände auf den Rücken! Hände auf den Rücken“, jedes Mal „Vergiss es!“

Irgendwann kam Verstärkung (ich weiß nicht wieviel, 14 waren es insgesamt am Ende).
Ein weiterer Polizist stürzt sich auf mich. Beide versuchen meine Arme auf den Rücken zu drehen. Einige Minuten konnte ich meine Arme noch unter mir Halten aber dann waren sie stärker als ich. Ich hab dann so zu sagen aufgegeben und meine Hände auf dem Rücken fesseln lassen.

Nach wie vor wurde aber mein Gesicht immer wieder in Sand gedrückt. Ich hab schon dauernd Sand ausgespuckt und immer wieder versucht mich auf die Seite zu winden und meinen Kopf zu Heben. Dann kam ein dritter Polizist und hat mir noch eine gute Dosis Pfefferspray ins Gesicht gedrückt.

Jetzt bin ich nochmal für einen Moment sehr zornig(!) gewesen.

Irgendwann durfte ich dann sitzen, ein Krankenwagen kam um den verletzten Polizisten zu behandeln und beiläufig fragt mich ein Polizist „Brauchst du eigentlich auch eine Behandlung?“. Ich hab nur ungläubig den Kopf geschüttelt und gefragt ob das sein Ernst sei.

Die Sanitäter kamen, nahmen mich mit ins Auto, haben mir die Augen ausgespült, den Arm verbunden und die Behandlung dokumentiert.

Nach der Behandlung hab ich dann ein paar Minuten ganz alleine in der Mitte der Einfahrt gestanden. Die Polizisten waren min. 4m entfernt, standen in Grüppchen, redeten mit den anderen Spaziergängern. Einer handelte sogar ein Foto der Situation mit mir, den Polizisten und den Autos im Hintergrund heraus.
WIE ABSURD!!! Wegen was hat die Polizei nochmal den Affentanz angefangen?

Dann wurde noch ein Alkohol-Blastest gemacht – 0,82 Promille. Ein zusätzlicher Bluttest wurde ebenfalls angeordnet.

Der Polizist, der mich die ganze Zeit malträtiert hat, sprach den anderen Spaziergängern einen Platzverweis aus. Einer der Spaziergänger fragte den Einsatzleiter nach einer schriftlichen Form. Der Verschwand für ca. 3 Minuten, kam wieder und nahm den Platzverweis seines Kollegen zurück.

Ziemlich lädiert wurde ich dann in Handschellen zum Gewahrsam in die Klappbacher Straße gefahren. Dort angekommen hab ich gefragt ob sie mir endlich die Handschellen abnehmen könnten. Der „Kerkerwärter“ (eigene Aussage des Diensthabenden) meinte: „natürlich, machen wir sofort“. Dann musste ich meine Taschen leeren und die Schuhe ausziehen. Ich hab gefragt ob sie sich sicher seien, und dass das jetzt aber kein Giftgas-Anschlag wäre.

Meine Eskorte machte sich wieder auf den Weg und ein nettes Gespräch mit dem „Kerkerwärter“ begann.

Mir scheint es, als ob er mich oder die Aktionen am Dagger Complex kannte. Er konnte sich den ganzen Vorgang nicht erklären. „Das muss sich irgendwie immer weiter aufgeschaukelt haben.“
„Ja hat es auch. Ihr Kollege hat gemeint er hat eine Uniform und ich hab alles zu machen was er sagt. Ich wollte eigentlich nur eine Begründung dafür, warum ich kein Foto machen darf. Daraus wurde Kamera her, Hände auf den Rücken, Pfefferspray, Festnahme.“
Er versuchte sich eine Erklärung zusammenzureimen und meinte dann „Das ist alles eine riesen Sauerei! Eigentlich müssten jeden Tag tausende Leute da stehen!“

Wir haben und noch ca. 10 Minuten bei offener Zellentür nett unterhalten. Er gab mir Ratschläge wegen dem angeordneten Bluttest. 0,82 Promille und dafür Ausnüchterungszelle wäre lächerlich. Ich wollte wissen wie lang ich bleiben müsse. Er antwortete, dass er es nicht wüsste. Es käme darauf an, was die Kollegen schreiben. Aber wenn in einer Stunde kein Schreiben da wäre, würde er mich frei lassen weil sonst er mit einem Bein im Gefängnis stehen würde. Ich hab ihn noch nach etwas zu trinken gefragt und dann hat sein Telefon geklingelt. Er müsse rangehen und die Tür schließen, würde mir aber gleich etwas bringen, was auch 10 Minuten später geschah. Ausserdem teilte er mir mit, dass der Alkohol-Bluttest gecancelt wurde.

Nach ca. 1,5h rumliegen in der Zelle hab ich an die Tür geklopft und gefragt ob ich auf die Toilette gehen darf. Er machte auf und meinte, „klar, kein Problem. Du kannst deine Schuhe anziehen, du kannst dann gehen.
Ich war auf Toilette, hab meine Sachen wieder bekommen, hab gefragt ob mir irgendwas Schriftliches geben kann, dass ich hier war. Er könne das nicht, dass müssten die Kollegen in Pfungstadt machen. Wir haben uns gegenseitig ein schönes Wochenende gewünscht und mit Handschlag verabschiedet.

Wieder draußen hab ich einen der anderen Spaziergänger kontaktiert, der mich dann abgeholt und nach Pfungstadt gefahren hat. Dort hab ich wieder nach etwas schriftlichem gefragt und als Antwort erhalten, dass alles beim ZK-10 (Staatsschutz) bearbeitet würde. Wenigstens den Namen des Polizisten, der mich verhaftet hat hab ich bekommen.

Ich fühl mich wie ein großer blauer Fleck, alles tut weh aber mir geht’s gut. Ich hab mir bei 10 Jahren Skateboard fahren mehr weh getan.

Ich würde gerne wissen: War es die Dummheit von 2 oder gab es einen Auftrag im Sinne von „Schon wieder die Spinner am Dagger Complex. Fahrt mal hin und macht denen Beine!“?
Was die Polizei jetzt gegenüber der Presse von sich gibt kann ich nicht nachvollziehen. Wie kann man so dumm sein und bei der Menge die darauf schaut zu lügen?

Wer mich kennt, wer mal dabei war, wer ein paar unserer Berichte gelesen hat, der weiß dass ich mir seit fast 2 Jahren große Mühe gebe auch nur Spuren von Gewalt zu vorzubeugen. Das ist nicht mein Interesse!

In diesem Fall ging alle Gewalt von der Polizei aus. Trotz dieser Unverschämtheit, trotz des Fixierens, trotz des zum Stolpern bringen wollens hab ich trotz meines gigantischen Zorns niemanden angegriffen.
Ich hab mich nur geweigert den Anweisungen des Polizisten zu folgen weil es dafür keinen Grund gab und gibt!
Ich hab mehrmals angeboten die Situation sofort zu beenden. – Leider ohne Erfolg.

Tut mir Leid, aber dann kann sich der arme Polizist bei seiner Arbeit halt richtig Mühe geben weil ich dann auch kein Millimeter nachgeben werde.

Ich hab ein Attest, ich hab Fotos, es gibt Videoaufnahmen (die zu vertuschen alles noch schlimmer machen würde), es gibt einen fast 2-jährigen Eindruck von mir in der Öffentlichkeit.

Mal schauen was juristisch rauskommt. Moralisch hab ich gewonnen!

Vielen Dank für die Solidarität und die Besserungs-Wünsche. Ich finds super, dass jetzt viele Leute das Entdagger-Fieber gepackt hat. Das wird sicher interessant am Samstag und ich wünsche euch viel Erfolg bei der Safari.

Ich fahr nach Hockenheim zu ACDC.

Rock ´n Roll!

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