Vor einem Jahrzehnt hängte ich an einen Gerichtstermin in München noch einen Abend dran und traf mich in einem Lokal gegenüber der neuen Pinakothek mit einem befreundeten Zauberkünstler.
Der Kollege meinte, dass er gerade einen Anruf eines ausgewanderten Freundes bekommen hätte, der zufällig heute in der Stadt sei und ihn treffen wolle. Eine Stunde später stieß kein geringerer als Siggi Fischbacher zu uns, besser bekannt als „Siegfried“ von Siegfried & Roy. Erstaunlicherweise wirkte der über 70-jährige wesentlich jünger und war absolut ohne Starallüren. Man war sofort per Du.
Da die anderen in der Runde seine ganzen Geschichten schon kannten, erzählte er sie mir, und die hatten es in sich. Für Siegfried hatte das Leben im Nachkriegsdeutschland als Sohn eines Kriegsheimkehreres und Alkoholikers hart angefangen, die Zauberkunst war für ihn eine Flucht in eine bessere Welt.
Als er als Stewart auf einem Schiff jobbte und dem Kapitän einen Auftritt als Zauberkünstler anbot, winkte der zunächst ab. Kreuzfahrten waren damals etwas für alte Leute, die Meeresluft und Sonne genießen wollten, an Künstlern gab es an Bord nur Musiker, aber keine Entertainer oder gar Zauberkünstler. Die Show fegte das Sonnendeck leer. Heute sind Kreuzfahrten ohne Zauberer an Bord undenkbar.
Damals lernte er auch seinen Partner Uwe Horn kennen, dessen Onkel Zoo-Besitzer war und daher Zugang zu Raubkatzen hatte. Im Lido de Paris konnte sich das Duo in einer Zeit etablieren, als Deutsche in Frankreich nicht zwangsläufig gerne gesehen wurden.
In den 70er Jahren bediente man in der verlotterten Mafia-Stadt Las Vegas ein Publikum, das vorwiegend Striptease nachfragte. In einer Zeit, in der die USA zum Mond flogen, konnte man sich dort ein Interesse an Zaubershows nicht vorstellen. Die Ära der Großillusionisten, die Bühnenshows mit großem Aufwand präsentierten galt seit den 50er Jahren als beendet. Doch Siegfried war Ende der 1970er Jahre bestbezahltester Show Act in Las Vegas, in den 1980er Jahren wurde er der erste Las Vegas-Zauberer mit eigener Show, „Beyond Belief“ lief 3.538 Mal ausverkauft. 1988 unterschrieb er den mit 57,5 Millionen Dollar für fünf Jahre höchstdotiertesten Vertrag in der Geschichte des Live-Entertainments.
Nun ist er nach 81 Jahren verstorben. Machs gut, Siggi.