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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


23. Februar 2016

Sorayas Erbe – und was Jörg Kachelmann davon bekommt

Gestern hat das OLG Köln geklärt, wer das Erbe der 2001 verstorbenen Prinzessin Soraya Esfandiary Bakthiary antreten darf. Nach der Prinzessin vom Pfauenthron ist das lex Soraya benannt, nämlich ein Gesetzentwurf von 1958, der unbotmäßige Berichterstattung über den ausändischen Staatsgast unter Strafe stellen sollte. Ein Verfahren in diese Richtung war am Landgericht Hamburg initiert worden. Diese Einschüchterung hatten sich die Redaktionen jedoch nicht bieten lassen.

Der Beitrag handelte übrigens von einem drohenden Putsch. Wie die Geschichte zeigt, war dies ein Frage der Zeit.

Spannender als das finanzielle ist Sorayas presserechtliches Erbe:

Soraya ging nämlich gegen ein erfundenes Interview vor und schrieb schließlich Presserechtsgeschichte, indem sie am Bundesverfassungsgericht zivilrechtlich eine so im Gesetz nicht vorgesehene Geldentschädigung durchsetzte. Nach 12 Jahren erwirtschaftete die Ex-Prinzessin 15.000,- DM. Wenn sich die Presse eines besonders schwerwiegenden Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht schuldig macht, der nicht anders kompensiert werden kann, gibt es seither einen Anspruch eigener Art auf Geldentschädigung. Man muss also keine Schmerzen oder Behandlungskosten derselben nachweisen, sondern kann die Verlage auch so um Bares erleichtern.

Aktueller Rekordhalter ist Jörg Kachelmann, der in der ersten Instanz am Landgericht Köln auf das 635.000,- € kam.

 

15. Februar 2016

Affäre Lachman: Déjà-Vue

Bald erscheint mein Politthriller Das Netzwerk, der im Snowden-Sommer 2013 wenige Monate vor der Bundestagswahl im Geheimdienstmillieu spielt. Letztes Jahr musste ich meiner Lektorin beinahe monatlich berichten, dass Ideen in meinem Roman inzwischen von der Wirklichkeit eingeholt wurden. Das Harmloseste war noch meine Erfindung eines BND-Stammtisches auf dem Oktoberfest, dessen Existenz zu meiner Überraschung im NSA-Untersuchungsausschuss tatsächlich bestätigt wurde.

Auch die aktuelle Affäre um den WELT-Journalisten Lachmann, der sich offenbar der AfD als PR-Fuzzi angediehnt hatte, ist da keine Ausnahme: Mein Roman handelt nämlich auch von politischen Journalisten, die eine verdeckte Agenda haben oder schlichtweg käuflich sind, sowie um eine neuartige rechtspopulistische Partei, welche politische PR professionell manipulieren lässt.

 

8. Februar 2016

Ein Brief von Roger Willemsen

Als 2012 etliche Autoren ihren Namen unter den ZEIT-Aufruf gegen die Piraten setzten, die ernsthaft als Gefahr für die Verlagsbranche gesehen wurden, hatte mich mich der Name „Roger Willemsen“ überrascht. Ich hatte ihm daraufhin eine E-Mail geschrieben, weil ich wissen wollte, ob er wirklich im Bilde über die tatsächlichen Positionen der Piraten war.

Willemsen antwortete mir und relativierte:

„(…) Ich habe also nicht für mich selbst unterschrieben, sondern im Hinweis auf eine nötige Debatte, die ja gerade tatsächlich geführt wird. Dass sie vom gut bezahlten Spiegel-Mann Georg Dietz auf das schlichteste Niveau gedrückt wird, hilft ebensowenig, wie all das Ressentiment, der Hass, zu dem man hier auf beiden Seiten greift. Warum müssen eigentlich der anders denkenden Partei immer gleich niedrigste Beweggründe unterstellt werden, statt, wie wir beide es hier ja auch versuchen, argumentativ zu bleiben? Ich bin grade mit Arbeit sehr belastet, kann also die Diskussionen mit Ihnen nicht führen wie ich es wollte, kann aber sagen, dass Ihre Texte mir geholfen haben, und so danke ich vielmals und grüße ebenso.

Ihr Roger Willemsen“

Dann ging Willemsen selbst in die Politik: Er verbrachte ein Jahr im Bundestag auf der Besuchertribüne, um die Verhältnisses der parlamentarischen Demokratie zu recherchieren und schrieb darüber sein originelles Buch Das hohe Haus.

Heute nun ist Roger Willemsen im Alter von 60 Jahren verstorben. Wir haben einen scharfen und unterhaltsamen Denker verloren.

6. Februar 2016

Themenabend zum Fall Uwe Barschel

Seit Jahren befasse ich mich auf TELEPOLIS mit dem Ableben des Dr. Dr. Uwe Barschel. 2012 besuchte ich hierzu den ehemaligen leitenden Oberstaatsanwalt Heinrich Wille, der vergeblich die Aufklärung in diesem Fall betrieb und damals ein Buch veröffentlichte, das man lange verhindert hatte. Damals war zum 25. Todestag ein Film geplant, der jedoch nicht realisiert wurde.

Heute nun strahlt die ARD im Rahmen eines Themenabends den Spielfilm Der Fall Barschel so wie eine neue Doku aus. Inzwischen wurde bekannt, dass der BND entgegen seinem früheren Dementi sehr wohl eine Akte zu diesem Fall hat, die er aber nicht freigeben möchte. Die Akte muss nicht notwendig etwas mit dem Mord zu tun haben, denn auch so gibt es für einen Nachrichtendienst genug Interesse an Barschel, etwa seine Verstrickung in den Waffenhandel und seine konspirativen Reisen in die DDR.

Bis heute weigert sich das BKA ohne überzeugenden Grund, das Original des angeblich gefälschten „Barschel-Briefs“ herausgegeben.  Informationen über die Korruption speziell der CDU Schleswig-Holsteins fanden tatsächlich Jahre später in die Öffentlichkeit und kosteten Barschels Amtsvorgänger das Amt des Verteidigungsministers.

Die Barschel-Affäre ist vor allem ein Lehrstück über Enthüllungsjournalismus und die angebliche Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Journalistenzunft, die zum Teil ernsthaft von einem Suzid mit Sterbebegleitung fabuliert. Während meines kurzen Ausflugs in die aktive Politik zwischen Januar 2013 bis September 2013 habe ich interessante Erfahrungen mit politischen Journalisten im Wahlkampf gesammelt. Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass sich in der Branche wesentlich etwas gebessert hat.