Diese Woche habe ich mir seit Ewigkeiten mal wieder den gedruckten SPIEGEL angesehen – und war angenehm überrascht. Fast alle Themen haben mich interessiert, die Beiträge waren gut geschrieben und man trat auch Politikern auf die Füße, mit denen Journalisten sonst eher Symbiose pflegen. So stellte man Schily bloß, der einst im gekauften Auftrag versuchte, ausgerechnet im SPIEGEL eine Story zu platzieren. Das Heft enthielt auch auffallend wenig Werbung, was zwar einerseits schlecht für eine solide Finanzierung ist, andererseits Interessenkonflikte erspart. Eine Zeitung sollte im Auftrag der Leser schreiben, nicht der Anzeigenkunden.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass das letztes Jahr in erschreckendem Ausmaß zum BILDhaften Propagandablatt mutierte Heft nach dem Abgang von Blome wieder politischen Journalismus macht. Vermutlich hat man dort die eher schwachen Kräfte freigestellt oder zu SPIEGEL ONLINE ausgelagert. Wenn das anhält, werde ich mir den Print-SPIEGEL bald wieder öfter antun.