Ein Shopbetreiber beauftragte einen Freund, der eine Kamera besaß, mit der Anfertigung von Fotos seiner angebotenen Produkte. Er kaufte ihm dafür sogar Zubehör und zahlte ihm mehrfach vierstellige Honorare. Als eine Neugestaltung des Webshops anstand, überzeugte ihn jedoch das Angebot eine Werbeagentur, die ästhetisch anspruchsvollere Leistungen bot und ihr Angebot deutlich pünktlicher einreichte. Der Amateurfotograf, der das Geschäft gerne selbst gemacht hätte, reagierte pampig und sandte eine Rechnung über 76.000,- €, weil ihm seine ursprüngliche Preisberechnung plötzlich nicht mehr angemessen erschien. Daraufhin beschloss der Shopbetreiber, langfristig sämtliche Bilder auszutauschen und wies die Agentur an, die Produkte erneut zu fotografieren.
Der Amateurfotograf lief erst Amok und dann zum Anwalt. Nach einer hanebüchenen Abmahnung wegen einer anderen Sache sandte er schließlich auch eine Abmahnung wegen sieben in den Webshop eingestellten Bildern, welche die gleichen Produkte abbildeten und daher sein Urheberrecht verletzt sei. Der Mandant möge bitte eine Unterlassungserklärung abgeben und insgesamt 6.776,83 € zahlen.
Das Nachahmen von Kunstwerken kann durchaus in Urheberrechte eingreifen. So liegen beim Künstler die ausschließlichen Rechte zur Vervielfältigung, § 16 UrhG und (unfreie) Bearbeitung, § 23 UrhG. Diese Rechte gelten allerdings primär für Werke von Urhebern nach § 2 UrhG. Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönlich geistige Schöpfungen. Das sind allerdings nur die wenigsten Fotos.
Das Urheberrechtsgesetz unterscheidet in § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern. Lichtbildwerke sind persönlich geistige Schöpfungen (§ 2 Abs. 2 UrhG), die sich im Kunstwerk manifestieren. Erforderlich ist ein Minimum an geistigem Gehalt, Originalität und Können.
Ein bloßes Lichtbild genießt nach § 72 UrhG in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften Schutz. Jeder noch so untalentierte Knipsbildner hat daher Rechte am von ihm zusammengenipsten Material. Das bedeutet, dass ein Knipsbildner Anspruch auf Unterlassung, Bereicherungsausgleich und Schadensersatz hat, wenn andere sein konkretes Material verwenden. Dies nennt man Leistungsschutz, weil zwar nicht ein Geistesblitz geschützt wird, sondern ein Lichtblitz des Fotografen. Dem historischen Gesetz lag nämlich die Überlegung zugrunde, dass ein Fotograf hohe Kosten etwa für Filmmaterial und Magnesiumblitz hat und daher auch den Ertrag seiner Investition bekommen soll, auch wenn er kein Künstler ist.
Leistungsschutz beschränkt sich nur auf das konkret geknipste Material. Nicht allerdings „enstpricht“ es einem bloßen Leistungsschutz, einem anderen zu untersagen, eine ähnliche Aufnahme zu machen. Das können nur Urheber, die eine persönlich geistige Leistung erbracht haben – nicht aber uninspirierte Knipser. Einen bloßen Motivschutz gibt es übrigens nicht einmal bei Werken.
Ein Jahr später reichte der Knipser allen ernstes Klage ein, die das Landgericht Köln zunächst mit einem Gegendstandswert iHv 63.000,- € bedachte. Erstaunlicherweise zitierte der gegnerische Anwalt in der Klageschrift das bekannte Urteil Rote Couch, aus welchem der Kläger einen Unterlassungsanspruch gegen Nachstellung folgerte. Allerdings steht in der Entscheidung vor allem drin, dass es solche Rechte nur für Kunstwerke gibt. Das Urteil war der Kammer bereits bekannt, denn sie hatte es selbst gefällt.
Lediglich gefällige Bilder wie Produktfotografie sind für ein Werk nach § 2 UrhG nicht ausreichend. Vorliegend war die Qualität der Originalfotos zu schwach und der Grad an Übereinstimmung zu gering. Alles, was an den Fotos als originell hätte bewertet werden können, war schon nicht übernommen worden. Auch die Anordnung von drapierten Produkten vor weißem Hintergrund war naheliegend und im Übrigen vom Mandanten so beauftragt. Vorliegend hatte der Mandant die Bilder ja sogar bezahlt, ohne dass sich der „Künstler“ eine Beschränkung des Nutzungsrechts vorbehalten hätte, wie es ihm später plötzlich einfiel.
Das Landgericht Köln wies die Klage nun vollumfänglich ab. Zwar reduzierte das Gericht den Streitwert, doch der Unterlassungsanspruch trieb nun einmal den Gegenstandswert auf 50.000,- € hoch. Der Spaß kostet den Kläger daher erstinstanzlich 10.000,- € an Prozesskosten, was weitaus mehr als der Betrag ist, den sich der Kläger erhoffte. Selbst für eine erfolgreiche Unterlassung hätte sich der Knipser nichts kaufen können. Mandanten mit querulatorischem Anliegen weise ich übrigens regelmäßig die Tür, und zwar in deren eigenem Interesse.
Landgericht Köln, Urteil vom 26.03.2015, 14 O 96/14.