Ich mache mir gerade große Sorgen um unsere Medienlandschaft. Nach der Erfahrung mit der Propaganda des Dritten Reiches leisten wir uns einen teuren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der staatsfern ein breites Spektrum an politischen Perspektiven garantieren soll. Die Freiheit der Presse wird nur durch Vielfalt von Meinungen und Medien verwirklicht.
Dennoch liefert uns die politische Presse nur einen bemerkenswert selektiven Ausschnitt aus der Realität, der meistens der atlantischen Sichtweise entspricht. Zwar hat vermutlich kein Journalist einen Propagandabefehl, aber wer vom von den Leitwölfen vorgegebenen Narrativ abweicht, läuft Gefahr, anzuecken oder als Verschwörungstheoretiker gebranntmarkt zu werden. Das ist nicht gut für Karriere oder soziale Position. Die wenigsten Journalisten verdienen ernsthaft Geld; wer eine Familie ernähren kann, der überlegt es sich zweimal, was er so schreibt – und was nicht.
Mit Peter Scholl-Latour haben wir einen unbequemen wie kompetenten Mahner verloren, dessen Stimme im Ukraine-Konflikt leider fehlen wird. Ein paar Leute bewahren sich einen kritischen Geist. So kritisiert etwa Promi-Philosoph Richard David Precht eine „Mobilmachung in den deutschen Medien“ – in einer österreichischen Publikation. Auch der Kollege Peter Vonnahme, vormals Richter am Bayrischen Verwaltungsgerichtshof, ist von dem Umgang der Medien mit dem Absturz von MH 17 befremdet.
Der Journalist Mathias Bröckers, der seinerzeit in der taz die selbstironische Seite „Die Wahrheit“ einrichtete, hat in den letzten Jahren viele Kollegen in Recherche ausgebildet, also der Kunst, Propaganda von Fakten zu trennen. Da seine Bücher häufig eine vom Narrativ abweichende Interpretation politischer Ereignisse bieten, gab es vor Jahren diverse Versuche, ihn mundtot zu machen, gegen die er sich in Extremfällen presserechtlich erfolgreich wehrte. Sein aktuelles Buch „Wir sind die Guten – Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“, das mit Redaktionsschluss Ende Juli noch jüngste Entwiklungen berücksichtigen konnte, zeigt eine erstaulich einseitige Berichterstattung unserer Qualitätsmedien auf.
Besonders spannend an Bröckers Buch finde ich das Auseinanderdriften vom in den professionellen Medien gepflegten Narrativ und den Informationen, die sich über Socal Media verbreiten. Bereits das Einstiegskapitel, online bei TELEPOLIS, hat es in sich. Ich konnte das Buch vorab lesen und habe vieles über die Hintergründe des Konflikts erfahren, was man in unseren Qualitätsmedien nicht oder nur selten serviert bekommt. Wussten Sie, dass Frau Timoschenkos Karriere als professionelle Raubkopiererin begann?