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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


25. August 2014

Sind Leitmedien alternativlos?

 

Wenn heute sogar die BILD-Zeitung (!) auf der Titelseite fragt, was man dem Fernsehen glauben darf, dann ist es schon weit gekommen.

Zur Glaubwürdigkeit der Medien in Kriegszeiten diskutieren in der aktuellen Folge des Podcasts „Alternativlos“ die beiden Nerds Frank Rieger und Felix von Leitner, wobei sie ihre Erfahrungen aus dem Kalten Krieg in Deutschland Ost und West rekapitulieren. Spannend ist der Einfluss von alternativen Medien wie Al Jazeera und Ria Novosti/RuTube, sowie von Social Media, was dem Standing der etablierten Medien zu schaffen macht.

Spätestens im Ukraine-Konflikt dürften etliche Anbieter von „unabhängiger“ atlantischer Propaganda ihr wichtigstes Kapital nicht nur bei Intelektuellen, sondern auch beim „Mensch auf der Straße“ verspielt haben. Das SPIEGEL-Cover „Stoppt Putin jetzt!“ dürfte kaum ein Beitrag sein, um die Auflage wieder über die 800.000 zu heben (falls die wirklich stimmt …).

Vor allem in Krisenzeiten gilt: Die verlässlichsten politischen Botschaften bekommt man von den Satirikern.

24. August 2014

Freiheit statt Angst 2014

 

Am 30. August ruft ein breites Bündnis wieder zur Demonstration „Freiheit statt Angst“ in Berlin auf.

22. August 2014

Unbescholten überwacht

 

Die Humanistische Union stellt unter dem Titel „Unschuldig überwacht“ eine Reihe an Videos ins Netz, in denen Menschen von ihrer Überwachung durch den Inlandsgeheimdienst berichten. So hat etwa der Schleswig-Holsteiner Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert interessante Erfahrungen gemacht.

21. August 2014

Plusminus (ARD): „Abmahnanwälte nicht zu stoppen“. Wirklich?

 

Einen unfreiwillig komischen Beitrag leistete sich das gebührenfinanzierte ARD-Wirtschaftsmagazin plusminus. Unter dem grob irreführenden Titel „Abmahnanwälte nicht zu stoppen“ lieferte der öffentlich-rechtliche Sender zu melodramatischer Musik Propaganda vom Feinsten.

Beginnen wir beim Titel: Abmahnanwälte sind sehr wohl zu stoppen. Bei den von mir vertretenen Mandaten gab es genau einen Fall, bei dem sich der Abmahner überhaupt vor Gericht traute – und diesen Schritt vermutlich bereut hat. Die Rechtsprechung hat in den letzten Jahren die Ansprüche an den Nachweis von rechtswidrigem Filesharing deutlich erhöht. Etliche Gerichte machen die grotesk hoch bemessenen Schadensersatzforderungen nicht mehr mit.

Zu Beginn behaupten die plusminusser, Filesharing sei für die Musikindustrie wie Diebstahl einer Sache im Laden. Die Lizenzforderungen werden aber nicht für den mit Diebstahl wirtschaftlich halbwegs vergleichbaren Download gefordert, sondern für den gleichzeitigen Upload, also die Weitergabe. Anders als beim Diebstahl verbleibt beim Up-/Download aber die Ware im Geschäft – genauso, wie beim Abspielen eines Musikstücks im Radio. Während das Aufzeichnen von im Radio laufender Musik oder von im TV ausgestrahlten Filmen legal ist, meinen die Content-Industriellen, dass das beim online-Tauschen anders wäre. Juristisch ist das der Fall. Wirtschaftlich allerdings ist die Verbreitung über Filesharing genauso eine Werbung für die Produkte wie der Konsum von Radio und Fernsehen. Den Nachweis eines wirtschaftlichen Schadens im Musik und Filmbereich hat die Industrie bis heute nicht erbracht. Im Gegenteil geht es der Film- und Musikindustrie heute besser als zu Zeiten vor Filesharing. Wer „Planet der Affen“ online gut fand, der sieht sich die Fortsetzung im Kino an. Bei E-Books usw. mag das anders sein, doch im Abmahnbusiness geht es vorrangig um Musik und Filme.

„Doch wer sich im Internet bewegt, der tut dies nicht unbeobachtet“

Sollte er aber. Es gibt etliche Möglichkeiten, die IP-Adresse zu anonymisieren, etwa VPN-Tunnel oder TOR. Es gibt 1000 seriöse Gründe, um seine Identität im Internet zu verbergen und Privatsphäre zu sichern. Wer sich heute noch beim Filesharing erwischen lässt, begeht einen Kunstfehler.

„Aus Versehen kann das nicht passieren, weil ich bewusst ein Programm auf meinem Rechner installieren muss (…)“

Hä? Filesharing ist grundsätzlich eine seriöse Technologie – genauso, wie man Dateien per E-Mail oder FTP verbreiten kann. Manche Dateien sind urheberrechtlich geschützt, manche eben nicht. Es kann auch durchaus sein, dass eine falsch deklarierte Datei doch geschütztes Material enthält. Zur Verbreitung größerer Dateien ist Filesharing nun einmal technisch sinnvoll.

So richtig klebrig wird das Propaganda-Filmchen aber am Schluss, wo der geläuterte Filesharer wie ein im Bootcamp geläutertes Ghetto-Kid oder ein Reborn Christ brav „begriffen“ hat:

„Tauschbörsen lohnen sich nicht. Nachdem er das zweite Mal erwischt wurde, will er nun endlich die Finger davon lassen.“

Nein, will er nicht. In Wirklichkeit hat er jetzt eine Stinkwut auf die Contentindustrie und auf die Anwälte und zahlt den Verwertern aus Prinzip nichts mehr. Stattdessen hat er nach seinem pädagogischen Erlebnis inzwischen seine Kumpels gefragt, wie man sich einen VPN-Tunnel bauen kann und fileshart jetzt erst recht. Plusminus hat davon wohl noch nie gehört.

Mich würden ja mal die Beweggründe für diesen albernen Propaganda-Beitrag interessieren, der mangels aktuellen Informationen keinen Nachrichtenwert hat. Filesharing war vor über drei Jahren ein Medienthema – auch bei plusminus. 2011 brachte plusminus die gleiche Thematik – damals noch mit dem Spin Verbraucherschutz. Inzwischen muss in der Redaktion irgendetwas Schreckliches passiert sein. Wenn plusminus Mangel an IT-Themen hat, einfach mal bei heise.de lesen, was gerade aktuell ist. Kostet nichts und wird auch nicht abgemahnt.

19. August 2014

Ferguson im Fernsehen

 

15 Jahre ist es nun her, seit Michael Moore seine geniale TV-Show „The Awful Truth“ brachte. Das deutsche Fernsehen hat leider nichts, was dem nahe käme. In der oben gezeigten Folge geht es darum, dass für US-Cops Gegenstände in der Hand von Menschen mit schwarzer Hautfarbe grundsätzlich wie Waffen aussehen. Leider ist das Thema aktueller denn je.

Während hierzulande die heute-show gefühlte drei Monate Sommerpause macht, liefert im US-TV John Oliver zu Ferguson. Ich halte auch im deutschen TV die Satire-Sendungen für seriöser als so manche „ernsthafte“ Sendung. Ich würde doppelte GEZ zahlen, wenn wir mehr Daylyshow und heute-show usw. bekämen.

18. August 2014

Funktioniert der Medienpluralismus im Ukraine-Konflikt?

 

Ich mache mir gerade große Sorgen um unsere Medienlandschaft. Nach der Erfahrung mit der Propaganda des Dritten Reiches leisten wir uns einen teuren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der staatsfern ein breites Spektrum an politischen Perspektiven garantieren soll. Die Freiheit der Presse wird nur durch Vielfalt von Meinungen und Medien verwirklicht.

Dennoch liefert uns die politische Presse nur einen bemerkenswert selektiven Ausschnitt aus der Realität, der meistens der atlantischen Sichtweise entspricht. Zwar hat vermutlich kein Journalist einen Propagandabefehl, aber wer vom von den Leitwölfen vorgegebenen Narrativ abweicht, läuft Gefahr, anzuecken oder als Verschwörungstheoretiker gebranntmarkt zu werden. Das ist nicht gut für Karriere oder soziale Position. Die wenigsten Journalisten verdienen ernsthaft Geld; wer eine Familie ernähren kann, der überlegt es sich zweimal, was er so schreibt – und was nicht.

Mit Peter Scholl-Latour haben wir einen unbequemen wie kompetenten Mahner verloren, dessen Stimme im Ukraine-Konflikt leider fehlen wird. Ein paar Leute bewahren sich einen kritischen Geist. So kritisiert etwa Promi-Philosoph Richard David Precht eine „Mobilmachung in den deutschen Medien“ – in einer österreichischen Publikation. Auch der Kollege Peter Vonnahme, vormals Richter am Bayrischen Verwaltungsgerichtshof, ist von dem Umgang der Medien mit dem Absturz von MH 17 befremdet.

Der Journalist Mathias Bröckers, der seinerzeit in der taz die selbstironische Seite „Die Wahrheit“ einrichtete, hat in den letzten Jahren viele Kollegen in Recherche ausgebildet, also der Kunst, Propaganda von Fakten zu trennen. Da seine Bücher häufig eine vom Narrativ abweichende Interpretation politischer Ereignisse bieten, gab es vor Jahren diverse Versuche, ihn mundtot zu machen, gegen die er sich in Extremfällen presserechtlich erfolgreich wehrte. Sein aktuelles Buch „Wir sind die Guten – Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“, das mit Redaktionsschluss Ende Juli noch jüngste Entwiklungen berücksichtigen konnte, zeigt eine erstaulich einseitige Berichterstattung unserer Qualitätsmedien auf.

Besonders spannend an Bröckers Buch finde ich das Auseinanderdriften vom in den professionellen Medien gepflegten Narrativ und den Informationen, die sich über Socal Media verbreiten. Bereits das Einstiegskapitel, online bei TELEPOLIS, hat es in sich. Ich konnte das Buch vorab lesen und habe vieles über die Hintergründe des Konflikts erfahren, was man in unseren Qualitätsmedien nicht oder nur selten serviert bekommt. Wussten Sie, dass Frau Timoschenkos Karriere als professionelle Raubkopiererin begann?

14. August 2014

Bamford bei Snowden

James Bamford war im Vietnamkrieg selbst indirekter NSA-Mitarbeiter gewesen, zufällig wie Ed Snowden auch auf Hawaii. Das Ausspähen der eigenen Bevölkerung wollte er ebenfalls nicht mittragen, quittierte den Dienst und wurde zu dem, was man heute Whistleblower nennt. So sagte er in den 1970ern vor dem Church-Commitee aus, das dem Treiben der US-Geheimdienste erstmals herbe Einschnitte beibrachte. Die Lügen, mit denen seine Generation in den Vietnamkrieg getrieben wurden, ließen ihn nicht loss, und so wurde Bamford in den folgenden Jahren einer der profundesten Enthüllungsautoren im Geheimdienstbereich.

Sein „Puzzle Palace“ über die gigantische NSA wurde zum Klassiker, auch die Fortsetzung „Body of Secrets“, in der er u.a. das Northwoods Dokument einer breiten Öffentlichkeit vermittelte, sollte man unbedingt gelesen haben. Nun hat auch Bamford Snowden in Moskau getroffen und für Wired einen beklemmenden Artikel geschrieben. So sieht Snowden das schon von Kennedy befürchtete Risiko eines Kriegs aus Versehen, der im Cyberspace automatisiert ausbrechen kann. Die Entscheidung über das Für und Wider von Gegenmaßnahmen, wie sie zu Zeiten von Petrow noch mit kühlem Kopf möglich waren, wird von einem Computer getroffen.

Ich fürchte, dass wir uns Politiker, die das Internet für „Neuland“ behalten, einfach nicht mehr leisten können … In den USA, denen Frau Merkel so verbunden ist, muss derzeit Bamfords Kollege James Risen ins Gefängnis, weil er seine Quellen nicht preisgeben will. Im „Land of the Free“ sitzt übrigens konstant 2% der Bevölkerung.

12. August 2014

Raus aus den Schulden!

 

Lange knabberten die Piraten daran, dass sie bislang nicht mit einem so richtig feisten Skandal aufwarten konnten. Gut, da gab es die (natürlich …) Berliner Piraten, die ihre Angestellten-Verhältnisse eher am „bayrischen Modell“ orientierten. Aber die Berliner Piraten nimmt ohnehin niemand mehr für voll.

Richtig große Kaliber wie den damaligen rheinland-pfälzischen FDP-Vorsitzenden Dr. jur. Hans-Otto Scholl, der in den 1980er Jahren aus Geldnot schließlich ein Juweliergeschäft überfiel, vermochten die Piraten nicht zu bieten. Unerreicht ist auch der Ex-Schatzmeister der Brandenburger GRÜNEN Christian Goetjes, der knapp 300.000,- € Parteigelder veruntreute und in einen Prostituiertenring involviert war. Der Ex-Mann von Sarah Wagenknecht, der sich auch als Landespolitiker versuchte, wurde wegen Betrug verurteilt. Von den Pfründen der Kohl-CDU, deren Spitzenpolitiker sich ihre Finanzlöcher von der Finanzwirtschaft FLICKen ließen, können Piratens nur träumen. Vom Genossen der Bosse Schröder, der schon als King in Niedersachsen das Leben zu genießen wusste, brauchen wir gar nicht erst anzufangen.

Nun hat offenbar der Vizepräsident des NRW-Landtags, Daniel Düngel, endlich den Vorstoß gewagt, um auch als Pirat an die Riege der ganz Großen aufzuschließen. Sein Delikt ist jedoch vergleichsweise bescheiden: er hat offenbar akute finanzielle Probleme – wie im Nach-Kohl-Schröder-Deutschland Millionen andere auch.

Schwerwiegender als seine finanzielle Kalamitäten finde ich den ungeschickten Umgang mit diesen. Stutzig machte mich bereits Düngels Fail, als er in Oberhausen die gescheiterte Wahlzulassung wegen mangelhaft eingereichten Wahlunterlagen zu vertreten hatte, denn solche Unprofessionalität ist meines Erachtens nicht zu entschuldigen. Doch trotz seiner Nähe zu den Berliner Peinlich-Piraten ist Düngel noch weit von einem „richtigen“ Skandal entfernt. Die Latte für einen solchen hängt denkbar hoch, seit sich die vormalige bayrische Sozialministerin Haderthauer an der Knastarbeit eines schwanzabscheidenden Serienmörders eine goldene Nase verdiente.

„Der Crash ist die Lösung“

 

2006 machte ich mir Freunde und „Freunde“ mit meiner bewusst krawalligen Website finanzparasiten.de (müsste dringend mal wieder aktualisiert werden … :) ). Die Website führte zu meinem ersten Besuch der Hamburger Pressekammer in eigener Sache, meine damaligen Aktivitäten in Social Media drängten mich alsbald in die Rolle eines Enthüllungsjournalisten im Finanzbereich – eine Welt, von der ich keine Ahnung hatte. Die hatten allerdings hochkarätige Whistleblower und Informanten, die in mein Lager gefinden hatten. Das war übrigens lange, bevor die Medien den bis dahin gefeierten Millionär aus Hannover als unappetitlich erkannten.

Vor zwei Jahren machte mir der damals noch unbekannte Ökonom Marc Friedrich ein Kompliment für meine Seite. Er veröffentlichte mit seinem Co-Autor Matthias Weik ein finanzkritisches Buch „Der größte Raubzug aller Zeiten“ (2012), das letztes Jahr 11 Mal die SPIEGEL-Bestsellerliste Sachbuch anführte. Dennoch blieben die Autoren in den Medien nahezu unsichtbar, das grundsätzlich sachlich veranlasste Thema Euro-Kritik wurde stattdessen politisch von einer sehr fragwürdigen Partei besetzt.

Die Finanzbranche agierte in den folgenden Jahren noch verrückter. Daher legte das Autorenduo dieses Jahr mit „Der Crash ist die Lösung“ nach. Spätestens bei dem Kapitel, in dem die Skandale der letzten Jahre aufgelistet werden, kann einem schon schwindelig werden. Politisch hochspannend ist der Vorschlag, als vierte Gewalt eine „Monetative“ einzuführen. Auch Weik und Friedrich empfehlen als Geldanlage Schottischen Whisky, der als Zahlungsmittel zeitlos wertvoll bleiben dürfte. Anders als Geld, das über Nacht seinen Wert verlieren kann, könnte man Whisky notfalls auch direkt konsumieren … ;)

7. August 2014

Drei Wochen nach MH 017

Vor ein paar Jahren hatte ich mich mit einer Serie von Abstürzen im Ultraleichtflugbereich befasst. Da sich die Medien für das Thema nicht interessierten, hatte ich das Projekt „Absturzblog“ über Flugzeugabstürze ins Leben gerufen, das im Hintergrund von Fachleuten betreut wurde. (U.a. wegen Zeitmangel liegt das Projekt derzeit leider auf Eis.) In diesen Zeitraum fiel die verunglückte Maschine mit dem polnischen Staatspräsidenten, und es war spannend, wie diese Tragödie je nach Perspektive interpretiert und politisch instrumentalisiert wurde.

Diese Erfahrung politischer Vereinnahmung wiederholte sich nun mit MH 017, wo selbst sehr professionelle deutsche Zeitungen lieber halbgar rumspekulieren und politisch einseitige Verschwörungstheorien ausgeben, anstatt konservativ ihre Arbeit zu machen. Die Ungereimtheiten fasst Christoph Jehle bei TELEPOLIS unter dem Titel „Da stimmt doch was nicht“ zusammen. Warum solche Beiträge nicht in den großen Qualitätsmedien laufen, kann ich Ihnen leider auch nicht sagen.

Zu ergänzen wäre noch, dass bei Boden-Luft-Angriffen zur Positionierung einer Rakete jede Menge Radarstrahlung entsteht, die das US-Militär eigentlich aufgezeichnet haben müsste, wenn es solche gab. Auch sonst wird der Luftraum penibel beobachtet. Natürlich bleiben auch die militärischen Daten unter Verschluss, da man die Gegenseite nicht in Kenntnis über die eigenen Fähigkeiten setzen will.