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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Parteienrecht: Gründe für gründlich grünende Grüne

Déjà vue in Leipzig: Bei einer Aufstellungsversammlung der Grünen in Königswinter (NRW) erschienen auf einmal lauter in Königswinter ansässige Personen, die angeblich am selben Tag in den Kreisverband Leipzig (Sachsen) aufgenommen worden waren. Die Aufnahme sei deshalb in Leipzig vorgenommen worden, weil sie in Königswinter eine Verschleppung des Aufnahmeverfahrens befürchtet hätten.  Das war der Wahlleiterin nicht so recht geheuer, so dass sie 33 „Leipziger“ Neugrünen das aktive Wahlrecht verweigerte.

Die wahleifrigen Neugrünen wollten das nicht auf sich sitzen lassen und zogen vors grüne Parteigericht. Tatsächlich waren sie vom KV Leipzig zu Mitgliedern von Bündnis90/DieGrünen gemacht worden und beanspruchten nun ihr örtliches Wahlrecht am Wohnsitz in Königswinter. Das grüne Landesschiedsgericht lehnte ab und folgte der Wahlleiterin, die nicht hätte erkennen können, wer denn tatsächlich stimmberechtigtes Mitglied war. Wäre ja blöd mit so einem Kuddelmuddel. Anschließend strickten die grünen Schiedsrichter einen Pullover.

Aus § 10 Abs. 1 PartG folgt allerdings, dass den Mitgliedern gleiches Stimmrecht zu gewähren ist. Mithin kommt es nur darauf an, ob sie an dem Tag objektiv Mitglieder geworden waren oder nicht. Da das inzwischen wohl nicht mehr streitig ist, hätte man sie zulassen müssen. Nachdem es einer Grünen zu bunt wurde, erwirkte sie eine einstweilige Verfügung gegen die Partei am Amtsgericht Königswinter. Die Aufstellungsversammlung wird jetzt wiederholt.

Letztes Jahr gabe es – zufällig in Leipzig – einen ähnlichen Fall. Da waren Bus-weise bei einer Aufstellungsversammlung lauter unbekannte Neupiraten erschienen, die offenbar nur einen bestimmten Kandidaten wählen wollten. Da es allerdings höchst unklar war, wer denn tatsächlich Pirat geworden war, wurden sie nicht zugelassen. Vier der „Neupiraten“ klagten bis zum Bundesschiedsgericht der Piraten, dem ich seinerzeit angehörte. Vertreten wurden sie von ihrem Favoriten, dem berühmten „Netz-Notar“, der ungeahnte Energien entfaltete.

Die Angelegenheit kostete mich seinerzeit etwa zwei Wochen meiner Lebenszeit und wurde die wohl umfangreichste Entscheidung in der Parteigeschichte. Die Herrschaften vermochten uns nicht davon zu überzeugen, dass sie wirklich Piraten geworden waren. Unsere Entscheidung wurde inzwischen von einem konventionellen Gericht bestätigt.

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Autor:
admin
Datum:
29. März 2014 um 19:47
Category:
Allgemein,Die lieben Kollegen,Politik
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