Als Mitglied des Bundesschiedsgerichts der Piratenpartei schaue ich ja ab und an mal zu den Kollegen bei den Mitbewerbern. Viel Spaß hatte offenbar das Schiedsgericht der SPD:
- Der frühere SPD-Sprecher und Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Bülent Ciftlik hatte nach einer erstinstanzlichen, jedoch nicht rechtskräftigen Verurteilung wegen Vermittlung einer Scheinehe die SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft verlassen. Die Sozen hatten ihn daraufhin rausgeworfen. Dem Spezialdemokraten werden derzeit vor dem Landgericht Hamburg neun Straftaten vorgeworfen, darunter Anstiftung zur Urkundenfälschung und zur Falschaussage. Gegen seinen Parteiausschluss ging der Hamburger vor dem Berliner Kammergericht erfolgreich vor.
- Raus aus der Genossenschaft ist jetzt der Bremer Abgeordnete Martin Korol. Der begnadete Troll wusste über Sinti und Roma zu berichten, dass diese „sozial und intellektuell“ noch „im Mittelalter“ lebten. Die Männer hätten „keine Hemmungen, die Kinder zum Anschaffen statt zur Schule zu schicken und ihren Frauen die Zähne auszuschlagen.“ Korol versteht seinen Parteiausschluss nicht und verweist auf den ebenso peinlichen, politisch aber besser vernetzten Theo Sarrazin. Auch Beobachter registrieren ungleiche Maßstäbe.
- Im dritten Anlauf hatte es der Münsterländische Sozialdemokrat Frank Hemelt endlich geschafft, von den NRW-Sozen ausgeschlossen zu werden. Die Gründe sollen bald genannt werden. Als guter Troll hat Hemelt standesgemäß angekündigt, gegen das Urteil vorzugehen.
- Angezählt ist der Frankfurter Bundestagskandidat Michael Paris, der eigenmächtig im östlichen Bundestagswahlkreis antrat und sich mit diesem Schachzug unbeliebt machte.
Doch all diese Fälle bergen nicht annähernd die Fallhöhe eines Siegfried Kauder, den die CDU gerade mit Segen des Bruders sowie des Schäubles loswerden will. Die vormalige CSU-Dame Gabriele Pauli („fesche Landrätin“) will das Drama ihres Rausschmisses in einem Buch verarbeiten. Offenbar keinen Grund zurm Ausschluss sieht man bei Erika Steinbach – sie wäre ein guter Grund zum Austritt.
Den originellsten Grund für halbwegs unfreiwilliges Verlassen einer Partei lieferte der Neuburger Ex-Freidemokrat Bernd Sandner. Der gute Mann hatte für die Mitbewerberin DIE PARTEI kollegial Unterschriften gesammelt, was man bei der FDP nicht witzig fand. Sandner, ursprünglich ein Grüner, kam einem Ausschluss zuvor und erklärte seinen Austritt auf Briefpapier der PARTEI.
Auch die Newcomerin AfD sammelt gerade Erfahrung mit Parteiausschlussverfahren. So möchte man sich von Peter von Wolffersdorff trennen, der auf Listenplatz 3 antritt. Der Politiker hatte bei seiner Nominierung nicht nur frühere Parteimitgliedschaften verschwiegen, sondern offenbar auch eine Vorstrafe wegen Betrugs. Aufgrund einer Adoption hatte er den wohlklingenden Namen Peter von Wolffersdorff angenommen und war beim Bundesschiedsgericht der Piratenpartei einer unserer liebsten Dauerkunden geworden, bis er ein Einsehen hatte und die Piraten freiwillig in die „Bad Party“ verließ. (Korrektur: Herr von Wolffersdorf ist nicht mit Herrn Georg Metz identisch, der auf Listenplatz 2 antritt.)
Wenig los beim Parteiverlassen scheint gerade bei den Grünen zu sein. Vor zwei Jahren konnte es in NRW gefährlich werden, wenn man eigenwillige Vorstellungen von Körperhygiene hatte. Allerdings ist Politik nun einmal ein schmutziges Geschäft.