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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


30. Oktober 2012

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (19) Klehr ./. Youtube

Weil die Mitschrift zum Beweistermin in Sachen Klehr ./. Youtube etwas lang war, hier noch einmal die Highlights:

Es ging bei der Zeugeneinvernahme um die Frage, ob Klehr-Patienten Eigenblutpräparate aus dessen Münchner Praxis nach Hause gegeben werden. Die nachfolgende Mitschrift ist kein Wortprotokoll, was nur einem Stenographen möglich wäre. Gehört wurden die Witwe eines Klehr-Patienten und eine ehemalige Klehr-Mitarbeiterin, die beide den Vorwurf bestätigten.

Zeugin Frau Bachmair

Frau Bachmairs Ehemann war an Krebs erkrankt und hoffte auf Lebensrettung durch die Klehr-Methode. Diese besteht darin, dass Eigenblut abgenommen und in irgendeiner Weise gegen Krebs „trainiert“ wird. Dann wird das „trainierte“ Blut dem Patienten zurückgespritzt. Seit über 20 Jahren ist kein von der Wissenschaft akzeptierter Fall bekannt, in dem die Klehr-Methode funktioniert hätte. Die Beweise für seine „Heilerfolge“, die mir aus einem anderen Fall, den Dr. Klehr gegen einen jemanden führt, den er für den Betreiber von „Esowatch“ (heute „Psiram“) hält, wären unfreiwillig komisch, wäre das Thema nicht so ernst. Dr. Klehr verdient an der letzten Hoffnung von Krebspatienten im letzten Stadium seit zwei Jahrzehnten ein Vermögen, an dem nicht zuletzt auch die ehrenwerten Anwälte partizipieren.

Zeugin Frau Bachmair: Ich brachte meinen Mann in die Münchner Praxis, an die Rezeption. Klehr war Mittwochs immer anwesend. Klehr hat die Ampullen überreicht. Mein Mann wurde abgeholt von der Sprechstundenhilfe zur Behandlung. Das war 2006, im September. Ich sollte die Ampullen in einer Kühltasche transportieren und dann in den Gefrierschrank legen. Die Ampullen befanden sich in einer quadratischen Schachtel. Auf den Ampullen stand der Name meines Mannes „A. Bachmair“.

Gericht: Wurde Ihnen gesagt, was in den Ampullen drin ist?

Zeugin Frau Bachmair: Mir wurde gesagt, Eigenblut meines Mannes. … Ich sollte es ihm dann verabreichen. Handwarm in der Spritze aufziehen und in die Haut, in die Bauchfalte.

(…)

Das erste Gespräch fand im Beisein meiner Tochter statt: Klehr behauptete dass die Kassen das übernehmen, das wurde auch vor Gericht wiederholt, steht in einem Protokoll – dem war nicht so.

[Anmerkung Kompa: Auch im Esowatch-Prozess ging Herr Dr. Nikolaus Klehr gegen die Behauptung vor, seine Methode würde nicht von den Kassen bezahlt. Soweit im Prozess bekannt wurde, lehnen jedoch alle Kassen seine Methode ab, jedenfalls im letzten Jahrzehnt.]

Habe erstmal auf Herausgabe der Krankenakten geklagt, dann auf Rückzahlung der Behandlungskosten. Dann bin ich halt sauer geworden.

Gericht: Wie ist das ausgegangen?

Zeugin Frau Bachmair: Für mich gut.

Nach dem Diktat der Aussage auf Band rührt sich erstmals der Klehr-Anwalt:

Klehr-Anwalt: Mir fehlt der Satz: „Dann bin ich halt sauer geworden“

Zeugin Frau Bachmair: Das sagt man so Bayern. Was soll ich denn sonst sagen?

(…)

Google-Anwalt: Können Sie uns erklären, wie sich Klehr gegen die Herausgabe der Akten gewehrt hat?

Zeugin Frau Bachmair: Er verteidigte sich mit dem „Arztgeheimnis“. Habe die Krankenakten heute noch nicht. Es sind zwei Urteile gegen ihn ergangen. Hätte die Akten herausgaben müssen. Tat er nicht. Aufgrund dessen ist er zur Rückzahlung der Behandlungskosten verurteilt worden.

(…)

Zeugin Frau Bachmair: Keine Vergleichsgespräche. Habe Vergleichsangebot abgelehnt. Bin nicht drauf eingegangen. Hatte die Kosten auch schon zurückerstattet bekommen. Habe Angebot erhalten, ich bekäme die Kosten, wenn ich den Mund halte. Gespräch zwischen den Anwälten. Anwalt hat mir gesagt, dass Klehr ein Gespräch mit mir sucht. Habe gesagt: „Nein!“

(…)
Zeugin Frau S.

Die Zeugin ist medizinische Fachangestellte

Gericht: Es geht um die Frage, ob man bei Dr. Klehr Ampullen mitbekommen hat

Zeugin Frau S.: Ist richtig so.

(…)

Zeugin Frau S.: In der Praxis wurde ohne Handschuhe gearbeitet. Grober Hygienemangel. An meinen anderen Stellen wurde immer mit Handschuhen gearbeitet.

Der Klehr-Anwalt versucht, der Zeugin einen Strick daraus zu drehen, dass der Name auf den Ampullen mit „Bachm.“ statt „Bachmair“ abgekürzt wurde. In der nachfolgenden ca. Viertelstunde versucht der Klehr-Anwalt, die Zeugin zu diskreditieren, gibt ihr die Schuld für die Beendigung des Arbeitsverhätnisses zu geben usw. Der Klehr-Anwalt stellt lauter (aus meiner Sicht) Suggestivfragen, die das Gericht gewähren lässt. Als er laut wird, geht das Gericht dazwischen. Die Zeugin verwahrte sich schließlich dagegen, dass der Klehr-Anwalt ihren bayrischen Dialekt nachäffte. Der Klehr-Anwalt versucht seinen Faux Pas mit dem Hinweis zu relativieren, er wäre Ostfriese, die seien ja manchmal witzig. Auch „Otto“ sei Ostfriese. Die Zeugin findet Otto deutlich komischer als den Klehr-Anwalt. Immer wieder versuchen der Klehr-Anwalt und Klehr persönlich, statt einer reinen Zeugenbefragung zu plädieren.

Der Klehr-Anwalt hat angekündigt, beweisen zu wollen, dass Dr. Nikolaus Klehr am fraglichen Tag in Salzburg gewesen sei. Vermutlich benennt er die gleichen Zeugen, die er auch dafür benennt, dass seine Methode wirksam sei.

Ob vorliegend die Zeuginnen wahrheitsgemäß aussagten, kann ich nicht beurteilen. Ich mache mir allerdings die Wertung der Zeugin Frau S. zu Eigen, der zufolge „Otto“ deutlich komischer als der ostfriesische Anwalt ist (jedenfalls freiwillig).

29. Oktober 2012

Dr. Nikolaus Klehr – Klagen, bis der Arzt kommt (18) Klehr ./. Youtube

Beweistermin in Sachen Klehr ./. Youtube

„Krebsarzt“ Herr D. Nikolaus Klehr hatte dem ZDF durch das für seine Unfehlbarkeit bekannte Landgericht Hamburg verbieten lassen, durch das erneute Ausstrahlen eines WISO-Beitrags über seine „Krebsheilkünste“ sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu verletzen.

In diesem Beitrag geht es um einen angeblich unwahren Eindruck, Herr Dr. Nikolaus Klehr würde Eigenblutpräparate aus seiner Münchner Praxis an Patienten herausgeben, was er anscheinend wohl gar nicht darf. Außerdem findet er es schlimm, das belanglose Szenen an seinem Empfangstresen sowie im Besprechungszimmer mit versteckter Kamera gedreht und gezeigt wurden, obwohl diese stumm und verpixelt sind.

Herr Dr. Nikolaus Klehr hatte auch mir verbieten lassen, sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch einen von Unbekannt bei Youtube eingestellten Mitschnitt des ZDF-Beitrags auf diesem Blog zu verletzen.

Herr Dr. Nikloaus Klehr untersagte auch Youtube (Google-Konzern) die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Auch dem Bayrischen Rundfunk ließ Herr Dr. Nikolaus Klehr Persönlichkeitsrechtsverletzungen in einem anderen Beitrag untersagen.

Die Verbote waren unter dem damaligen Vorsitzenden Richter Herrn Buske sowie seiner Nachfolgerin Frau Käfer erlassen worden, die dem Klehr-Anwalt aus der Hand fraßen.

Während mir seinerzeit die Käfer-Kammer keine Zeugeneinvernahme der Zeugin Bachmair gönnte, wurde dies dem ZDF gestattet. Und auch Youtube lud Frau Bachmair aus München vor, sowie eine weitere Zeugin, Frau S., die beim ehrenwerten Herrn Dr. Nikolaus Klehr gearbeitet hatte.

Zum Beweistermin am 26.10.2012 hatte sich auch Herr Dr. Nikolaus Klehr von Bayern nach Hamburg in den Saal 335 begeben. Den Vorsitz führte Frau Richterin Dr. Mittler, die fähigste Richterin, die mir Hamburg bekannt ist, und auf der meine ganzen Hoffnungen ruhen, dass die Pressekammer die Vorgaben aus Karlsruhe zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit umsetzen und die Perversion der Buske-Jahre korrigieren wird. Google war wie gewohnt in Mannschaftsstärke angereist, auch Dr. Klehr ließ sich von zwei Anwälten (nicht) helfen. Die Fragen stellte hauptsächlich Richterin Frau Dr. Ellerbrock, die offensichtlich Berichterstatterin war. Ich selbst saß direkt hinter dem Team Klehr, dessen Sponsor offenbar stinksauer darüber war, dass jemand genau das mittippte, was er wohl aus dem Internet beseitigen wollte.

Ob die Zeuginnen die Wahrheit sagen, mag das Gericht beurteilen. Ich distanziere mich daher sicherheitshalber vom Inhalt der Zeugenaussagen und mache mir diese nicht zu eigen. Bestimmt ist alles in Wirklichkeit ganz anders. Herr Dr. Nikloaus Klehr wird uns schon noch seine Version auftischen. Auf Anraten seines Anwalts war er nach dem Prozesstermin allerdings nicht zu einem Gespräch mit mir bereit.

Es ging in erster Linie um die Frage, ob Klehr-Patienten Eigenblutpräparate aus dessen Münchner Praxis nach Hause gegeben werden. Die nachfolgende Mitschrift ist kein Wortprotokoll, was nur einem Stenographen möglich wäre.

 

Zeugin Frau Bachmair

Frau Bachmairs Ehemann war an Krebs erkrankt und hoffte auf Lebensrettung durch die Klehr-Methode. Diese besteht darin, dass Eigenblut abgenommen und in irgendeiner Weise gegen Krebs „trainiert“ wird. Dann wird das „trainierte“ Blut dem Patienten zurückgespritzt. Seit über 20 Jahren ist kein von der Wissenschaft akzeptierter Fall bekannt, in dem die Klehr-Methode funktioniert hätte. Die Beweise für seine „Heilerfolge“, die mir aus einem anderen Fall, den Dr. Klehr gegen einen jemanden führt, den er für den Betreiber von „Esowatch“ (heute „Psiram“) hält, wären unfreiwillig komisch, wäre das Thema nicht so ernst. Dr. Klehr verdient an der letzten Hoffnung von Krebspatienten im letzten Stadium seit zwei Jahrzehnten ein Vermögen, an dem nicht zuletzt auch die ehrenwerten Anwälte partizipieren.

Zeugin Frau Bachmair: Ich brachte meinen Mann in die Münchner Praxis, an die Rezeption. Klehr war Mittwochs immer anwesend. Klehr hat die Ampullen überreicht. Mein Mann wurde abgeholt von der Sprechstundenhilfe zur Behandlung. Das war 2006, im September. Ich sollte die Ampullen in einer Kühltasche transportieren und dann in den Gefrierschrank legen. Die Ampullen befanden sich in einer quadratischen Schachtel. Auf den Ampullen stand der Name meines Mannes „A. Bachmair“.

Gericht: Wurde Ihnen gesagt, was in den Ampullen drin ist?

Zeugin Frau Bachmair: Mir wurde gesagt, Eigenblut meines Mannes. … Ich sollte es ihm dann verabreichen. Handwarm in der Spritze aufziehen und in die Haut, in die Bauchfalte.

Gericht: Ist die Spritze auch übergeben worden?

Zeugin Frau Bachmair: Nein, die habe ich selbst in der Apotheke besorgt.

Gericht: Wie war der Behandlungsablauf vorgesehen? Sind die Ampullen schon im ersten Termin überreicht worden?

Zeugin Frau Bachmair: Nein, in der zweiten Woche …. Zyklus … Auf alle Fälle Mittwoch, zwei Zyklen waren vorbei.

Sollte ich zuhause verabreichen. Zuerst habe ich täglich meinen Mann vorbei gebracht, dann jede Woche mittwochs. Die Ampullen wurden nur einmal übergeben. Am 30. waren wir zum Gespräch, Klehr hatte „mehr Lebensfreude“ versprochen, man solle sofort mit der Behandlung anfangen, man solle keine Zeit verlieren.

Ich habe nur zwei von 30 oder 35 Ampullen gespitzt, weil es ihm so schlecht ging, dass er mich angefleht hat, ich soll sie ihm nicht mehr geben. Ein paar habe ich zur Analyse weitergegeben, 20 Stück habe ich noch. Prof. Freund aus Rostock hat sich welche abholen lassen und untersucht.

Gericht: Wie ist ihr Verhältnis zu Dr. Klehr?

Zeugin Frau Bachmair: Es sind sechs Jahre vergangen. Ich wurde beschimpft von Dr. Klehr, hätte mich nicht um meinen Mann gekümmert, die Ehe wäre zerrüttet, ich wäre nur auf das Erbe meines Mannes aus. Stand in den Anwaltsschreiben.

Gericht: Auch Gerichtsverfahren?

Zeugin Frau Bachmair: Ja.

Gericht: Die Verfahren sind abgeschlossen?

Zeugin Frau Bachmair: Ich habe eine neue Klage bekommen wegen Schadensersatzansprüchen.

(…)

Das erste Gespräch fand im Beisein meiner Tochter statt: Klehr behauptete dass die Kassen das übernehmen, das wurde auch vor Gericht wiederholt, steht in einem Protokoll – dem war nicht so.

[Anmerkung Kompa: Auch im Esowatch-Prozess ging Herr Dr. Nikolaus Klehr gegen die Behauptung vor, seine Methode würde nicht von den Kassen bezahlt. Soweit im Prozess bekannt wurde, lehnen jedoch alle Kassen seine Methode ab, jedenfalls im letzten Jahrzehnt.]

Habe erstmal auf Herausgabe der Krankenakten geklagt, dann auf Rückzahlung der Behandlungskosten. Dann bin ich halt sauer geworden.

Gericht: Wie ist das ausgegangen?

Zeugin Frau Bachmair: Für mich gut.

Nach dem Diktat der Aussage auf Band rührt sich erstmals der Klehr-Anwalt:

Klehr-Anwalt: Mir fehlt der Satz: „dann bin ich halt sauer geworden“

Zeugin Frau Bachmair: Das sagt man so Bayern. Was soll ich denn sonst sagen?

(…)

Zeugin Frau Bachmair: Das begleitet mich mein ganzes Leben, wahrscheinlich.

Gericht: Wer hat die Ampullen gegeben?

Zeugin Frau Bachmair: Dr. Klehr persönlich. Hatte gesagt, ich soll die Kühltasche mitbringen. Soll in Gefrierschrank. Soll drauf achten, dass die nicht abtauen.

Die Vorsitzende: Können Sie noch sagen, wann Sie zum ersten mal aufgefordert wurden? Gab es so eine Art Erstgespräch?

Zeugin Frau Bachmair: Am 30., da war es noch nicht ersichtlich, dass ich das spritzen soll. An weitere Anweisungen kann ich mich nicht mehr erinnern.

Die Vorsitzende: Können Sie sich noch an ihre Reaktion erinnern?

Zeugin Frau Bachmair: Mulmiges Gefühl, keine Krankenschwester, macht man doch nicht, einem geliebten Menschen eine Spritze zu setzen. Wollte meinem Mann helfen. Zwickmühle.

Google-Anwalt: Können Sie uns erklären, wie sich Klehr gegen die Herausgabe der Akten gewehrt hat?

Zeugin Frau Bachmair: Er verteidigte sich mit dem „Arztgeheimnis“. Habe die Krankenakten heute noch nicht. Es sind zwei Urteile gegen ihn ergangen. Hätte die Akten herausgaben müssen. Tat er nicht. Aufgrund dessen ist er zur Rückzahlung der Behandlungskosten verurteilt worden.

Klehr-Anwalt: Der wievielte Besuch in der Praxis war es, als Ihnen die Ampullen mitgegeben wurden?

Zeugin Frau Bachmair: …. Muss Mittwoch der dritten Woche gewesen sein.

Klehr-Anwalt: Mittwoch Vormittag oder abends?

Zeugin Frau Bachmair: Vormittags.

Klehr-Anwalt: Wenn ich Ihnen vorhalte, dass Herr Dr. Klehr …. in Salzburg war , …

Zeugin Frau Bachmair: Er war immer mittwochs in der Münchner Praxis. 10 Uhr oder so.

Klehr-Anwalt: Die Bitte, die Kühltasche mitzunehmen: Wurde die Ihnen am Telefon oder in der Praxis mitgeteilt, von einem Arzt oder sonstigem Personal?

Zeugin Frau Bachmair: Persönlich in der Praxis. Bin mir nicht mehr sicher, wer diese Bitte …. Ein Arzt war es nicht.

Klehr-Anwalt: Vormittag ist was anderes als 10 Uhr. 13. September, darüber gibt es auch Aufzeichnungen. …. Ihr Mann hat an diesem Tag Infusionen erhalten, erst danach kam Dr. Klehr hinzu. Infusion von jemand anderes, dann Behandlung. Diese Behandlung hätte mindestens gedauert bis 14.30 Uhr. Bleiben Sie bei ihrer Aussage, dass Klehr vormittags ….

Zeugin Frau Bachmair: Er war da. Kann mich an die Uhrzeit nicht erinnern, habe ihn vormittags vorbeigebracht, unsere Tochter hat ihn nachher abgeholt. Bleibe dabei, dass mir Klehr die Ampullen persönlich gegeben hat. Ich sollte schnellstmöglich nach Hause fahren, damit die Ampullen nicht auftauen.

Klehr-Anwalt: Sie haben Ihren Kalender dabei. Was steht da drin am 13.?

Zeugin Frau Bachmair: „Ampullen bekommen“!

Klehr-Anwalt: Da steht erst „Spritzen“!

Zeugin Frau Bachmair: Waren aber Ampullen gemeint! Bin kein Arzt.

Klehr-Anwalt: Darf ich mal sehen?

Klehr-Anwalt grapscht in Richtung Kalender, Zeugin zieht diesen entrüstet weg.

Zeugin Frau Bachmair: Na! Ist mein Kalender!!!

Klehr-Anwalt: Das Erstgespräch: Mit wem wurde das geführt?

Zeugin Frau Bachmair: Mein Mann, meine Tochter und ich.

Klehr-Anwalt: Ist im Anschluss noch jemand dabei gewesen?

Zeugin Frau Bachmair: Da wurde die Behandlung begonnen. Habe mit Tochter zu Mittag gegessen. Haben ihn dann abgeholt.

Klehr-Anwalt: Wer hat ihren Mann behandelt?

Zeugin Frau Bachmair: Sprechstundenhilfe. Infusion. Hat aber erst nicht geklappt. Musste dann bereinigt werden.

Klehr-Anwalt: War kein Arzt dabei?

Zeugin Frau Bachmair: Nein.

Klehr-Anwalt: Warum kam Ihr Mann zu Dr. Klehr?

Zeugin Frau Bachmair: Wir wollten das, die Tochter hatte das erfahren.

Klehr-Anwalt: Haben Sie in den Rechtsstreitigkeiten Herrn Dr. Klehr von der Verschwiegenheit entbunden?

Zeugin Frau Bachmair: Mein Anwalt hat das alles gemacht.

Klehr-Anwalt: Entbinden sie Klehr hier von der Verschwiegenheit?

Die Vorsitzende Richterin Dr. Mittler interveniert: Das kommt etwas unverhofft.

Klehr-Anwalt: Aber Herr Klehr ist heute hier!

Die Vorsitzende Richterin Dr. Mittler – spitz: Haben wir ihn denn persönlich geladen???

(…)

Klehr-Anwalt: Wie viele Ampullen hatte Prof. Freund abholen lassen?

Zeugin Frau Bachmair: Weiß ich nicht genau. Habe einen Abholschein da.

Klehr-Anwalt: Steht da eine Anzahl drauf?

Zeugin Frau Bachmair: Nein. 29.08.2011 sind die abgeholt worden. Kann nicht sagen, wie viele.

Klehr-Anwalt: Dass Herr Freund die untersucht hat, wissen wie woher?

Zeugin Frau Bachmair: Von Frau Gürkov.

Klehr-Anwalt: Wir sind die in Kontakt gekommen.

Zeugin Frau Bachmair: Frau Gürkov hat sich über meinen Anwalt an mich gewendet. Frühjahr 2011.

Klehr-Anwalt: In den Prozessen, die Sie geführt haben, haben Sie etwas dazu gesagt, wer Ihren Mann behandelt hatte?

Zeugin Frau Bachmair: War nicht dabei gewesen.

Klehr-Anwalt: Haben Sie etwas dazu gesagt?

Zeugin Frau Bachmair: (…)

Der Klehr-Anwalt versucht, der Zeugin Äußerungen in den Mund zu legen. Der Rest am Richtertisch reagiert ungehalten.

Zeugin Frau Bachmair: … Bei der Behandlung selbst war ich nicht anwesend. Kann nicht sagen, was da gemacht wurde. Ich meine, dass Herr Klehr in der Praxis war, nicht aber, dass er auch bei der Behandlung anwesend war.

Klehr-Anwalt versucht wieder, der Zeugin Äußerungen in den Mund zu legen.

Zeugin Frau Bachmair: Beim ersten Gespräch war er dabei. Ob er bei den anderen Behandlungen dabei war, weiß ich nicht.

Klehr-Anwalt: Hat es Vergleichsgespräche gegeben?

Protest von den Google-Anwälten, weil das Beweisthema verlassen wird.

Zeugin Frau Bachmair: Keine Vergleichsgespräche. Habe Vergleichsangebot abgelehnt. Bin nicht drauf eingegangen. Hatte die Kosten auch schon zurückerstattet bekommen. Habe Angebot erhalten, ich bekäme die Kosten, wenn ich den Mund halte. Gespräch zwischen den Anwälten. Anwalt hat mir gesagt, dass Klehr ein Gespräch mit mir sucht. Habe gesagt: „Nein!“

Komme mir vor wie eine Angeklagte.

Die Vorsitzende: Nein, sollen Sie nicht. Kenne das Gefühl. Ich habe auch schon mal ausgesagt. Blöde Situation.

Klehr-Anwalt: Die Zeugin Frau S. – kennen Sie die?

Zeugin Frau Bachmair: Nein. Habe einmal telefonisch mit ihr gesprochen. Lief über Frau Gürrkov. Habe Flugangst. Bin mit ihr im Auto gefahren.

Klehr-Anwalt: Haben Sie sich mit Frau S. über die Sache unterhalten?

Zeugin Frau Bachmair: Nein. Habe ihr die Ampullen gezeigt. Sie hatte mich ja abgeholt.

Klehr-Anwalt: Duzen Sie sie oder siezen Sie sie?

Zeugin Frau Bachmair: Haben gestern ein Bier miteinander getrunken. Duzen uns jetzt. Wir wissen, weswegen wir hier sind. Haben aber nicht konkret über unsere Aussagen gesprochen.

Klehr-Anwalt zum Gericht: Darf Herr Dr. Klehr selbst fragen, oder muss ich Sprachrohr sein?

Leichtes Entsetzen am Richtertisch. Die Vorsitzende: Nur wirkliche Fragen.

Dr. Klehr: Sie sagen, dass Ihr Mann so schwach war … Ging es ihm irgendwann einmal besser?

Zeugin Frau Bachmair: Nein.

Dr. Klehr: Ist er mal alleine gekommen?

Zeugin Frau Bachmair: Nein. Konnte ja nicht allein Autofahren. Sie wissen ja, dass es auch nicht so einfach war mit den Parkplätzen war.

Dr. Klehr pöbelt, die Vorsitzende geht dazwischen.

Dr. Klehr: …. hat kein Arzt festgestellt, so habe ich das verstanden.

Zeugin Frau Bachmair: Sprechstundenhilfe.

Dr. Klehr: Wer hat Blut abgenommen?

Die Vorsitzende interveniert: Es ging um Infusionen, nicht um Blutabnahme.

Dr. Klehr will erklären, doch die Richter wissen, was eine Infusion ist.

Die Vorsitzende: Die Zeugin hat von Infusion gesprochen, nicht von Blutabnahme

Dr. Klehr: Reinigen ist Sache eines Arztes. Sie haben gesagt, dass keine Behandlungsunterlagen herausgegeben wurden. Bleiben Sie dabei?

Zeugin Frau Bachmair: Ich habe keine.

Google-Anwalt: Es ging um VOLLständige Herausgabe. Falsch Suggestivfrage.

Die Vorsitzende vorwurfsvoll zum Klehr-Anwalt: Ich glaube, dass die Zeugin eben sehr eindeutig geantwortet hat.

Dr. Klehr: Haben Sie die Quittungen der Spritzen und der Nadeln noch?

Zeugin Frau Bachmair: Nein, könnte man in der Apotheke nachfragen.

Dr. Klehr: Welche Größe wissen sie auch nicht?

Zeugin Frau Bachmair: Nein.

Google-Anwalt: Ergänzungsfrage: Kann es sein, dass die Zeugin ihren Mann nur mal bis zur Türschwelle begleitet?

Zeugin Frau Bachmair: Nein, mein Mann war so schwach, dass ich ihn immer bis zur Rezeption gebracht habe.

Die Vorsitzende: Vielen dank, dass Sie sich die Mühe gemacht haben.

Klehr-Anwalt: Schwierigkeit des Dr. Klehr, sein Recht auf rechtliches Gehör wahrzunehmen. Hätte vorgeladen werden sollen.

Die Vorsitzende tröstet den Klehranwalt.

 

Zeugin Frau S.

Die Zeugin ist medizinische Fachangestellte

Gericht: Es geht um die Frage, ob man bei Dr. Klehr Ampullen mitbekommen hat

Zeugin Frau S.: Ist richtig so.

Die Vorsitzende: Woher haben Sie Ihre Erkenntnisse?

Zeugin Frau S.: Am 13. Oktober habe ich mit dem Arbeitsverhältnis begonnen. Die Einarbeitung war anders, als ich es aus anderen Praxen kenne. Wenig Information. Wenn ich Patienten gefragt habe, wie Behandlung abläuft: erst Behandlung in der Praxis, etwa eine Woche, dann Spritzen mitgegeben zum Selberspritzen, weil sich die Hausärzte weigern. Habe einmal einen Patienten gefragt, was er mache, darauf sagte er, er warte auf die Ampullen.

Die Vorsitzende: Sie haben bei den Patienten selbst nachgefragt?

Zeugin Frau S.: Ja, bei den Patienten. Kommt man ins Gespräch, Patienten haben Redebedarf.

(…)

Zeugin Frau S.: Wollte den Patienten verabschieden, nach seinen Infusionen, darauf sagt er „nein, nein, ich muss noch auf Ampullen warten. Habe die tiefgekülten Ampullen gesehen.

Frau Dr. Fokke hat gefragt; „Wer hat warme Hände?“, so dass man die aufwärmen könnte.

Gericht: Infusionen und Ampullen spritzen sind unterschiedliche Vorgänge?

Zeugin Frau S.: Ja Infusionen intravenös, Ampullen subkutan/intramuskulär.

Die Vorsitzende: Haben sie gesehen, dass Ampullen übergeben wurden?

Zeugin Frau S.: Nein, immer wenn Dr. Klehr im Zimmer war. Habe solche gestern bei Frau Bachmair gesehen.

Gericht: Wie sahen die genauso aus?

Zeugin Frau S.: Ja, 1:1, haargenau. Diese Aufkleber, Beschriftungen, das gleiche graue Styroporkästchen …

Klehr-Anwalt: Ihre Aussage: „Zimmer des Herrn Dr. Klehr“, oder „Zimmer von Dr. Klehr“?

Zeugin Frau S.: Ich wollte sagen, in den Räumlichkeiten des Dr. Klehr. Wollte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass Ar. klehr persönlich die Übergabe gemacht habe.

Gericht: …. Klehr hat mir am 17.11. zum 19.11. gekündigt. (…) Klage vor dem Arbeitsgericht … Frau Klehr hat dann …. wurde so geregelt.

Gericht: Kündigung wurde also akzeptiert.

Zeugin Frau S.: Zum Ablauf von zwei Wochen. 1.12.2010

Gericht: Der 17. war Ihr letzter Arbeitstag.

Zeugin Frau S.: Ja. Sollte am anderen Tag nicht mehr kommen.

(…)

Zeugin Frau S.: Dr. Klehr meinte, ich passe nicht in diese Praxis. Hatte mir dort auch nicht gefallen, Kündigung war mir ganz recht. Es gab keine Streitigkeiten. Kam mit Frau (…) überhaupt nicht klar.

Gericht: Können Sie sich noch an bestimmte Patienten erinnern?

Zeugin Frau S.: Weiß die Namen nicht mehr außer einem. Weiß auch nicht, ob ich das hier sagen darf. Ein Patient, der relativ oft da war und auch in der Zeit, in der ich da gewesen bin, ist verstorben. Waren mindestens drei. Bei dem einen Patienten weiß ich den Namen noch.

(…)

Zeugin Frau S.: 6, dann 7 Behandlungszimmer. Wurden mindestens 6 oder 7 Patienten am Tag behandelt, Minimum.

(…) Eine Patientin wurde phasenweise auch in Salzburg behandelt und hat dort Ampullen bekommen. Wenn ein Patient auch dort behandelt wurde, bekam er auch dort die Ampullen. Umgekehrt habe ich das nicht mitbekommen. Diese Behandlung gibt es in Salzburg und in München. Frau Dr. Fokke ist meistens dreimal sehr kurzfristig nach Salzburg beordert worden. Ob das mit den Ampullen zu tun hatte, kann ich nicht sagen.

Klehr-Anwalt: Wann ist Klehr gekommen?

Zeugin Frau S.: Meistens am Mittwoch mittags. Mein Arbeitsbeginn war 14 Uhr. Mal war er schon da oder kam kurz darauf.

Klehr-Anwalt: Misslich für uns, dass Sie sich nicht an die drei Patienten erinnern. Wie alt war der jüngere Patient.

Zeugin Frau S.: Warum ist des wichtig?

(streit, ob die Zeugin aussagen darf). S weigert sich unter Berufung auf ihre Verschwiegenheitspflichten. Die Verhandlung wird unterbrochen, damit die Richter über über einen Ausschluss der Öffentlichkeit bzw. über mögliche Strafbarkeit der Zeugin im Falle der Aussage von Patientennamen beraten können. Auch der Betrieb des Klägers Klehr ist betroffen.

Dr. Nikolaus Klehr nutzt die Verhandlungspause zu einem Gespräch mit Herrn Rolf Schälike, den Klehr ebenfalls verklagt. Die beiden Herren hatten offenbar zuvor telefoniert und gehen für die Situation bemerkenswert freundlich miteinander um.

Nach Wiedereintritt verkündet das Gericht, dass es keine Namen von Patienten hören will.

Zeugin Frau S.: In der Praxis wurde ohne Handschuhe gearbeitet. Grober Hygienemangel. An meinen anderen Stellen wurde immer mit Handschuhen gearbeitet.

Der Klehr-Anwalt versucht, der Zeugin einen Strick daraus zu drehen, dass der Name auf den Ampullen mit „Bachm.“ statt „Bachmair“ abgekürzt wurde. In der nachfolgenden ca. Viertelstunde versucht der Klehr-Anwalt, die Zeugin zu diskreditieren, gibt ihr die Schuld für die Beendigung des Arbeitsverhätnisses zu geben usw. Der Klehr-Anwalt stellt lauter (aus meiner Sicht) Suggestivfragen, die das Gericht gewähren lässt. Als er laut wird, geht das Gericht dazwischen. Die Zeugin verwahrte sich schließlich dagegen, dass der Klehr-Anwalt ihren bayrischen Dialekt nachäffte. Der Klehr-Anwalt versucht seinen Faux Pas mit dem Hinweis zu relativieren, er wäre Ostfriese. Auch „Otto“ sei Ostfriese. Die Zeugin findet Otto deutlich komischer als den Klehr-Anwalt. Immer wieder versuchen der Klehr-Anwalt und Klehr persönlich, statt einer reinen Zeugenbefragung zu plädieren.

Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass wohl noch weitere Zeugen vernommen und man sich wohl wieder sehe.

Meine Frage an Klehr persönlich, ob er den Vorwurf hinsichtlich fehlender Handschuhe dementieren wolle, wird durch Intervention des tüchtigen Klehr-Anwalts untersagt, der kategorisch von Gesprächen mit mir abrät. Eine Stellungnahme zu den weiteren Zeugenaussagen, zu denen ich ihn gerne befragt hätte, wurde also verweigert. Gerne darf er mir seine Sicht der Dinge zum Zwecke einer Gegendarstellung zusenden, wenn er mag.

27. Oktober 2012

Querelen in der Piratenpartei

„Die Rückgratlosigkeit und Dummheit bzw. Verlogenheit der etablierten Parteien in Sachen Internet haben mich 2009 endgültig in den Hafen der Piratenpartei getrieben. Ich vermute, dass es soziologischen Gesetzmäßigkeiten folgend wie bei den Grünen eine Frage der Zeit ist, bis aus der Initiative eine ganz normale Partei mit innerparteilichen Ränkespielen, Postenschachern und ähnlichem werden wird. Aber solange die Piratenpartei noch nicht korrumpiert ist und mir derzeit als einzige trotz ihrer teilweisen Profillosigkeit wählbar erscheint, werde ich sie unterstützen. Sie ist derzeit alternativlos.“

Dieses Statement hatte ich 2009 über die Piratenpartei abgegeben.

Nunmehr ist es soweit – fast. Denn eines sind die Piraten jedenfalls nicht: korrumpiert. Auch, wenn es an der Parteispitze und vereinzelt im Unterholz gerade nicht besonders prickelnd zugeht, so sind die Piraten jedenfalls noch immer die Partei, die sich nicht hat kaufen lassen und Politik für die Bürger macht.

In Zeiten, in denen die etablierte Politik die Interessen der Wähler ignoriert und INDECT, IPRED usw. verfolgt, stattdessen die Content-Industrie mit anachronistischen Geschenken wie dem Leistungsschutzrecht und einem unsouveränen Verständnis der Digitalkopie beschenkt, wird die Piratenpartei definitiv gebraucht, und ich werde mich für den Laden auch weiterhin einsetzen.

Bis zur Bundestagswahl kann noch viel passieren. Schade ist es, dass nun die Piraten in Niedersachsen alles andere als Rückenwind haben. Wer 2010 im NRW-Wahlkampf auf der Straße angepöbelt wurde, weil ein gewisser Jörg Tauss die Piraten mit seinen hausgemachten Problemen kontaminierte, der wird auch die aktuellen Querelen verdauen. Jetzt erst recht.

21. Oktober 2012

Piraten-Amazonen in Bayern

Die bayrischen Piraten haben dieses Wochenende ihre Kandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt. Spitzenkandidat wurde Bruno Kramm, obwohl er „Neupirat“ ist. Kompetenz ist bei den Piraten offenbar wichtiger als „Stallgeruch“. Auch bei der Wahl der anderen Piraten auf den aussichtsreichen Plätzen haben die Kollegen ein gutes Händchen bewiesen. Die Methoden der Piraten – Grillen, Wiki, Twitter usw. haben sich bewährt, die Schwarmintelligenz funktionierte letzten Endes.

Interessant war ein 79jähriger Bewerber, der am ersten Tag durch seine sympathisch-charismatische Art die Herzen der Piraten im Sturm eroberte und bei der Vorwahl trotz relativer Unbekanntheit den sensationellen Platz 4 erzielte. Über Nacht stellte sich allerdings heraus, dass der Bewerber für Astrologie und Homöopathie eintrat, was bei den Piraten so überhaupt nicht gut ankam. Als am Sonntag die Plätze verbindlich verteilt wurden, fiel der Bewerber komplett durch.

Unter den 90 letztlich angetretenen Bewerbern (bei der Vorwahl verbleibend noch 63) waren nur 4 Frauen. Sofern die mir plausibel erscheinende These zutrifft, dass Talente auf beide Geschlechter gleich verteilt sind, ist eine „Quote“ von 4,5 % (bzw. 6,3 %) der Bewerberinnen erklärungsbedürftig. Offenbar gibt es bei den bayrischen Piraten ein Klima, in dem Frauen ungern kandidieren wollen. Schade, ist halt so.

Aber weil das einigen Bayern noch nicht peinlich genug war, wurden dann auch noch die wenigen angetretenen Frauen mit der Frage konfrontiert, wie sie denn zur – bei den Piraten durchweg verpönten – Frauenquote stünden. Männern (bis auf angeblich eine Ausnahme) wurde diese Frage nicht gestellt. Es ist schon bemerkenswert, welche Prioritäten manche Mitmenschen haben; bei 4,5 % (6,3 %) Frauenanteil der Bewerber wirkt eine Quotenfurcht geradezu paranoid. Wenn sich Frauen quasi „rechtfertigen“ müssen, dass sie antreten, und man ihnen quasi eine Unterwerfungsgeste abnötigt, dann läuft irgendwas gewaltig schief. Der Gedanke, dass eine reine „Männerpartei“ möglicherweise auf 50 % der Wähler (ja, die Frauen dürfen hierzulande wählen und wollen vertreten werden) möglicherweise suspekt wirken könnte, scheint einige Piraten noch zu überfordern.

Auf die aussichtsreichen Plätze (1-6) schaffte es keine der Frauen. Dafür gelangten alle vier Bewerberinnen unter die Plätze 7-15. Angesichts der Bewerberinnenquote von 4,5 % (6,3 %) nicht unbedingt schlecht (insoweit 44% statt 4,8% bzw. 6,9%), auch bei Umrechnung auf die Top 15 waren damit die Frauen überdurchschnittlich erfolgreich (27% statt 6,3%). Vielleicht ist das ja ein Signal, dass Piratinnen in Bayern und anderswo ermutigt, selbst Verantwortung zu übernehmen. Dass man selbst unter Piraten, die nun mal gesellschaftlich eher unter „Fortschritt“ einzuordnen sind, noch im Jahre 2012 mit derartig provinziellen Problemen zu kämpfen hat, stimmt nachdenklich.

Der Spion, der in den Bundestag wollte

Beim Aufstellungsparteitag der bayrischen Piratenpartei bewarb sich ein ungewöhnlicher Kandidat: der 75jährige Horst Weidemann hatte 13 Jahre für den Bundesnachrichtendienst gearbeitet, war u.a. BND-Resident in Rom. Weidemann genießt in der Sicherheitscomunity einen fachlich guten Ruf und gilt als außenpolitisch kompetent. Der vormalige Militärpilot ist sogar ein online-Gamer und fliegt virtuell weiter:

War Birds und Aces High, IT Mac und PC (wassergekühlter PC im Eigenbau).

Bei seiner Qualifikation für den Bundestag gibt er an:

  (…)

Ich bin wiederholt sicherheitsüberprüft bis zur Stufe „Cosmic/Top Secret /atomal“, einer schnellen, erneuten Ermächtigung zur Teilnahme an den nicht öffentlichen/geheimen Ausschüssen/Gremien dürfte nichts im Wege stehen.

Ich empfehle, mich als Vertreter der PPD für einen oder mehrere der folgenden Ausschüssen/Gremien des Bundestages.

* Parlamentarisches Kontrollgremium (PKGr); Kontrolle der Nachrichtendienste; – Rechts 15.4

* Verteidigungsausschuß; – Rechts 9.

* Auswärtiger Ausschuß, Unterausschuss „Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit“; – Links 3.3

* G-10 Kommission; – Rechts 15.3

* Gremium nach Art.13 Abs 6 Akustische Überwachung; – Rechts 15.1

Ein ehemaliger BND-Veteran wäre zwar sicher kompetent für das parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste. Aber Piraten wären nicht Piraten, wenn sie da nicht einen strukturellen Interessenkonflikt wittern würden. Weidemann war zudem lange Mitglied in der CSU, was sich insbesondere auf seine Wahrnehmung der SPD auswirkt. So wies er im Kandidaten-Interview beim Stichwort „SPD“ darauf hin, „Willy Brandt“ sei nur ein Deckname gewesen. Ob ein fragwürdiges Thema von 1961 im Jahr 2013 helfen wird, die politischen Mitbewerber im Spektrum links der CDU zu verstehen, liegt im Auge des Betrachters.

Bei der Wahl erhielt Agent „WizKid“, der auch für einen Spitzenplatz zur Verfügung stand, lediglich einen respektablen 35. Platz. Auf der Landesliste werden allerdings nur 30 Kandidaten aufgestellt, so dass der Ex-Spion weiter in Weilheim verweilen wird, unter Fachleuten bekannt als Altersruhesitz bayrischer Schlapphüte. Nichtsdestotrotz fand ich es für einen 75jährigen eine sportliche Leistung, anzutreten und sich auf die Piraten einzulassen. Weidemann wird auch weiterhin beratend zur Verfügung stehen, etwa in der AG Außen- und Sicherheitspolitik.

20. Oktober 2012

Tatort Münster – „VS – Nur für den Dienstgebrauch“

„Wer in Köln-Ehrenfeld Polizist war, für den ist Münster Disneyland!“ sagte mir mal ein Münsteraner Polizist, der lange in Köln arbeitete. Doch dass das Verbrechen auch in Münster nicht schläft, wissen wir spätestens durch den höchst erfolgreichen Münster-Tatort (der übrigens überwiegend in Köln gedreht wird, was aus obigem Befund ja konsequent ist …). Im Münster-Tatort wird der Kommissar stets von seinem Vater in Verlegenheit gebracht, einem Alt-Hippie, der gelegentlich Gras raucht. Angesichts der Nähe zu Holland passt das ja auch ganz gut.

Offenbar haben sich die Drehbuchautoren von Münsters Polizeipräsident Hubert Wimber inspirieren lassen – dem ersten grünen Polizeipräsidenten – der sehr zum Verdruss der örtlichen CDU die Freigabe weicher Drogen fordert. Das sieht auch die Piratenpartei so, die letztes Jahr ein modernes drogenpolitisches Programm beschloss. Probleme hat man in Münster vor allem mit alkoholbedingten Straftaten, während aggressive Kiffer eher nicht zu beobachten sind. Während Alkohol (gesundheitsschädlich, kriminalitätsfördernd, Dickmacher) erlaubt ist, muss allerdings auch in dieser Stadt die Polizei das geltende Recht vollziehen. Dies bedeutet in NRW, dass Freunden der Cannabis-Pflanze, die bis zu 10 Gramm zum Eigenkonsum besitzen, leicht auf die Finger gehauen wird. Aus organisatorischen Gründen sind die Polizisten, die sich um BTM-Sachen kümmern, auch für organisierte Kriminalität zuständig – organisierte Kriminalisten halt.

Vor über drei Jahren bin ich in die Piratenpartei eingetreten, weil ich von einem Teilnehmer der Freiheit-statt-Angst-Demo las, den die Berliner Polizei unter hanebüchenen Umständen an der Ausübung seines Grundrechts hinderte. Damals wusste ich nicht, dass der Mann nur wenige Straßen weiter wohnte. Inzwischen ist Markus Barenhoff stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland. Wie man gestern im SPIEGEL lesen konnte, hatte Markus ungebetenen Besuch in grün, der dort ca. 2 Gramm gefunden haben soll. In jeder zweiten Hosentasche an den Aasee-Kugeln, wo sich die hippen Leute treffen, findet man wohl mehr. Nicht der Rede wert.

Doch aus einem geheimnisvollen Grund gelangte diese völlig triviale Bagatelle in den vertraulichen Lagebericht „Innere Sicherheit“ von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich („Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“). Das fand auch der WDR irgendwie seltsam. Und aus einem nicht weniger geheimnisvollen Grund gelangte diese Information in Rekordzeit an den SPIEGEL – der sich auch noch mit seiner offensichtlich illegalen Quelle brüstete.

„Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen“ ist das Credo der Piraten. Der Bericht über ein laufendes Ermittlungsverfahren im Bagatellbereich ist Privatsache und hat weder etwas im Lagebericht zur „inneren Sicherheit“ der Bundesrepublik Deutschland verloren, noch darf die Presse ohne weiteres hierüber identifizierend berichten. Angesichts der Tatsache, dass derzeit die Piraten den wichtigsten Untersuchungsausschuss leiten, ist die Koinzidenz der Meldungen schon irgendwie beeindruckend.

(In dem obigen Münster-Tatort wird über Börne berichtet, wie dieser als Zauberkünstler in Münster sein Studium finanziert hat und sich mit der Todesursache von Ultraleichtflugpiloten befasst. Ich glaube, ich sollte mal bei den Tatort-Autoren meine Persönlichkeitsrechte einklagen …)

16. Oktober 2012

Horror für David Copperfield

Über den Starmagier David Copperfield erzählt man sich die Anekdote, er mache bei seinen Tourneen an jeder Videothek halt, um dort den Horrorfilm „Terror Train“ zu kaufen, damit er vom Markt verschwindet. In dem Film mit immerhin Jamie Lee Curtis hatte Copperfield 1979 in einer Nebenrolle mitgewirkt, bevor er zum Halbgott aufstieg. Er spielt dort einen Partyzauberer, der an Halloween in einem gecharterten Zug mitfährt und als Bühnenpartnerin einen Transvestit beschäftigt. Der Debüt-Film des späteren Erfolgsregisseurs Roger Spottiswoode ist so schlecht, dass Copperfield ihn zu recht als seine „Jugendsünde“ betrachtet.

Nachdem Copperfield also angeblich den Videobestand beseitigt haben soll, bekommt er nun weitere Arbeit: Dieser Tage erscheint der Streifen auf Blue Ray. ;)

15. Oktober 2012

BGH: Entertainerin musste Verdachtsberichterstattung über Krankheit dulden

Der Bundesgerichtshof hat ein Verbot der Berliner Gerichte aufgehoben, welches die Wiederholung der in der Öffentlichkeit bekannten wahren Tatsache untersagte, eine Entertainerin sei durch Krankheit aus ihrer Karriere herausgerissen worden. Verboten wurde ursprünglich:

„Unwillkürlich denkt man an einen Parallelfall – an G. K. (47). (…) Die prominente Kölner Schauspielerin wurde vor genau einem Jahr von heute auf morgen aus ihrer Tournee „Wer Sahne will, muss Kühe schütteln“ herausgerissen. Die Erklärung über ihre Erkrankung war ebenso dürftig (…). Schweigen. Schwer erkrankt, mehr war nicht zu erfahren. Zunächst hieß es, K.`s Tournee werde im Herbst 2008 fortgesetzt, doch dann wurden alle Termine abgesagt. Und fortan war von der Schauspielerin nichts mehr zu hören.
So etwas ist immer höchst beunruhigend. Bis heute weiß man nichts über ihren Gesundheitszustand. G. K. trat vor keine Kamera mehr – sie ist wie vom Erdboden verschluckt (…). Werden wir auf sie warten müssen wie auf G. K.?“

Auch eine wahre Darstellung kann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, insbesondere wenn die Privatsphäre betroffen ist. Zur Privatsphäre – auch einer Person des öffentlichen Interesses – gehört grundsätzlich die eigene Erkrankung, wobei Ausnahmen allenfalls bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen können. Bei der Abwägung sind bei der Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht und dem legitimen Berichtsinteresse der Öffentlichkeit kommt es insbesondere darauf an, ob der Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse, die Bekanntheit der betroffenen Person und der Gegenstand der Berichterstattung sind, sowie auf das frühere Verhalten der betroffenen Person, die Art der Erlangung von Informationen und ihr Wahrheitsgehalt sowie der Inhalt, die Form und die Auswirkungen der Veröffentlichung.

Konkret führt der BGH (VI ZR 291/10) aus:

Im Streitfall beschränkte sich die Berichterstattung der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin auf die Wiedergabe der damals in der Öffentlichkeit längst bekannten wahren Tatsache, dass die Klägerin im Januar 2008 ihre Tournee krankheitsbedingt abbrechen musste („Schwer erkrankt, mehr war nicht zu erfahren“), sie entgegen einer Ankündigung im Herbst 2008 nicht wie – der aufgenommen hat und seither – ohne weitere Informationen an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen – „von der Bildfläche verschwunden ist“. Es wurden keinerlei konkrete Aussagen zu Art und Ursache der Erkrankung der Klägerin gemacht, vielmehr wurde sogar ausdrücklich mitgeteilt, dass man nichts über ihren Gesundheitszustand wisse. Aus den Umständen wurde lediglich die – naheliegende – Schlussfolgerung gezogen, dass die Erkrankung vermutlich schwer sein muss („So etwas ist immer höchst beunruhigend“).

(…) Die Grenze zu einer unzulässigen Presseberichterstattung wurde im Streitfall – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch nicht dadurch überschritten, dass die Berichterstattung über die Erkrankung der Klägerin im Zusammenhang mit einem Bericht über einen aktuellen Fall einer schweren Erkrankung einer bekannten Sportmoderatorin erfolgte und – wie das Berufungsgericht meint – sich daraus kein neues Berichterstattungsinteresse herleiten lasse. Für die Wortberichterstattung als solche gilt der durch Art. 5 GG gewährleistete Grundsatz der freien Berichterstattung, wobei dem Persönlichkeitsschutz im Rahmen der auch dort erforderlichen Abwägung nicht schon deshalb regelmäßig der Vorrang gebührt, weil eine weder unwahre noch ehrenrührige Berichterstattung bloße Belanglosigkeiten über eine prominente Person zum Gegenstand hat, ohne einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten. Abgesehen davon hatte die von der Klägerin beanstandete Berichterstattung über ihre Person nicht bloße Belanglosigkeiten zum Gegenstand, sondern diente auch der Unterrichtung der interessierten Öffentlichkeit und ihrer „Fangemeinde“ darüber, dass es ein Jahr nach ihrer Erkrankung und Tourneeabsage immer noch keinerlei Informationen über ihren Gesundheitszustand und eine mögliche Rückkehr in ihren Beruf gab. Dadurch konnte die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung über die Informationspolitik beliebter Künstler leisten, die sich nach einer plötzlichen Erkrankung völlig aus der Öffentlichkeit zurückziehen und ihr besorgtes Publikum über ihr weiteres Schicksal im Ungewissen lassen.

Sicher wird man einem Menschen – auch einem Prominenten – sein Recht auf Privatsphäre zubilligen wollen. Niemand wird freiwillig krank. Aber wenn man sich über wahre Tatsachen einer Prominenten, die aus unbekannten Gründen ihre Präsenz unterbricht, sich nicht mehr wie in der inkriminierten Weise unterhalten darf, dann ist unklar, wie Pressefreiheit denn nach dem Konzept der Berliner Gerichte verwirklicht werden soll. Das dachte sich auch der VI. Senat des BGH. Das sind übrigens die Leute, die regelmäßig Urteile aus Hamburg aufheben.

Im konkreten Fall hatte die Klägerin letztes Jahr – also während des Prozesses – ihre Krankheit auch selbst öffentlich gemacht.

Liebe „Tatort“-Autoren,

wir hatten dieses Jahr bereits das Vergnügen, als ihr ohne Sinn und Verstand behauptet hattet, das Internet würde euch eurer literarischen Künste beraubmordkopieren. Gestern nun sah ich über mein GEZ-auslösendes neuartiges Rundfunkempfangsgerät den „Kieler Tatort“ – und der war schon auf handwerklicher Ebene kriminell schlecht geschrieben.

Das Ableben des Herrn Barschel würde einem qualifizierten Autor, der ein Minimum recherchiert, beliebig viele Ansätze bieten. Selbst Trashfilmer Uwe Boll hatte das Thema schon 1993 verwurstet, die Idee ist also alles andere als originell. Aber der Boll ist anscheinend halbwegs beim Thema geblieben (nein, Boll-Filme sehe ich grundsätzlich nicht an).

Ihr Versager aber habt das Thema verfehlt und zwei eindimensionale Gegenwartsstorys über „Sabine Christiansen“ und „Guido Westerwelle“ eingewoben, lauter wirre Handlungsstränge eröffnet, und wirklich beschissene – BESCHISSENE – Dialoge geschrieben. Anscheinend hatten eure Schauspieler dann auch keine so rechte Lust, etwas anderes zu machen, als laienhaft Texte aufzusagen.

Aber wie kommt ihr auf die grottige Idee, ausgerechnet den Hochstapler Ostrowsky im Tatort aufzuwerten? War mein Text über diesen Vogel denn wirklich so schwer zu finden?

Und bei so viel Einfalt wundert es mich nicht, wenn ihr dann Nöte von Drehbuchautoren mit Filesharing erklären wollt. Macht doch mal lieber eine Story über Drehbuchkriminalität – etwa beim Verticken von Tatort-Drehbüchern durch NDR-Leute.

Da sag ich nur: Geht sterben!

14. Oktober 2012

Knallköpfe

Als heute vor 50 Jahren die Raketenkrise begann, war der eigentliche Krieg bereits in vollem Gange – zwischen dem von den Kennedys bezogenen Weißen Haus und dem ultrarechten Generalstab des Pentagon. Letztere waren seit Jahren der Meinung, dass eine nukleare Konfrontation unausweichlich sei und daher ein Anlass für einen Präventivkrieg gefunden werden müsse. Personen wie Air Force General LeMay und der vormalige Generalstaabschef Lemnitzer wirken aus heutiger Sicht wie überzogene Parodien auf Militarismus, waren jedoch höchst real. Die obige Szene aus „13 Days“, einem von Robert Kennedys Buch gleichnamigen Buch inspirierten Film, hat sich tatsächlich so ereignet: Admiral Anderson brüllte seinen Verteidigungsminister McNamara an, dieser solle ihn seine Arbeit machen lassen, als er gerade beim Zündeln war. Verneigen müssen wir uns vor dem US-Diplomat Llewellyn E. Thompson, der einen kühlen Kopf bewahrte und Kennedy im richtigen Moment den richtigen Rat gab, weil er Chruschtschow zutreffend einschätzte.

In den deutschen Medien ist die Kubakrise nur ein Randthema, obwohl die Chance für einen nuklearer Schlagabtausch in der Karibik aus historischer Sicht dramatisch höher war, der wiederum Europa zum Kriegsschauplatz gemacht hätte. Damals glaubten die US-Militärs, der Fallout eines Nuklearkriegs würde nach zwei Wochen abgeregnet sein, die US-Bevölkerung könne solange in Shelters abwarten (die für einen fremden Atomangriff so wenig Nutzen hatten wie die Desinformation „Duck and Cover“). Folgen wie den Nuklearen Winter kannte man damals noch nicht. Gestern wurde übrigens durch Aktenfreigabe bekannt, dass Kennedy bereit war, Berlin für den Abzug der Raketen einzusetzen.

Ich habe den Eindruck, dass den deutschen Medien der im letzten Jahrzehnt deutlich erweiterte Forschungsstand zur Kubakrise nicht einmal bekannt ist. Die unfassbaren Details, die man etwa in Michael Dobbs Buch „One Minute to Midnight“ nachlesen kann, scheinen niemanden zu interessieren. Etwa die Tatsache, dass die CIA während der Krise zwei rivalisierende Hitzköpfe mit subversiven Aktionen betraute, von denen der eine (Harvey) tagsüber trank, während der andere mehr oder weniger wahnsinnig (Lansdale) war.

Der Showdown hätte jedenfalls spannender und gefährlicher kaum sein können – und macht mich regelmäßig wütend.