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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


15. Juni 2010

Politisch inkorrekter Sportkommentar – jetzt erst recht!

Stermann/Grissemann

„Streit um die Pressefreiheit“

Die Süddeutsche Zeitung nimmt den Fall Kachelmann zum Anlass, um auf das Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsrecht und Presseinteresse hinzuweisen. Dort heißt es unter anderem:

Erhöht wird die Unsicherheit für die Medien durch eine prozessrechtliche Besonderheit, den „fliegenden Gerichtsstand“. Dahinter verbirgt sich kein orientalisches Märchen, sondern die Wahlfreiheit der Anwälte, an welches Gericht sie ihre Klage adressieren. Wurde der Artikel bundesweit verbreitet, kann die „Verletzung“ des Persönlichkeitsrechts nämlich überall eingetreten sein. Beliebt bei Klägeranwälten sind etwa die Pressekammern in Hamburg und Berlin – auch wenn Schertz deren angebliche Einseitigkeit zulasten der Presse als „völligen Quatsch“ bezeichnet.

Ob das wirklich so völliger Quatsch ist …?

14. Juni 2010

Lena-Coverversion zur WM bekommt nach einstweiliger Verfügung Plattenvertrag

Der Münsteraner Studenten-Ulk, eine Cover-Version von Lena Meyer-Landruts Satellite zu singen, zog erst eine einstweilige Verfügung der Plattenfirma nach sich, dann aber fand Stefan Raab die Idee doch ganz witzig. Er selbst war ja einmal wegen der musikalischen Ähnlichkeit seines eigenen Grandprix-Beitrags „Watte hadde dudde da?“ zu einem bekannten Hit des Plagiats bezichtigt worden. Nun soll schnellstmöglich zur WM noch ein (professionelles) Video produziert werden.

Da passiert mal ein Urheberrechtsfall in Münster, und dann geht es nicht über meinem Schreibtisch. :-(

CARTA-Interview(s)

Heute erschien bei cart.info zum Thema Abmahnungen ein Interview mit drei Kollegen und meiner Wenigkeit. Wenig überraschend hielten wir nicht allzu viel vom fliegenden Gerichtsstand, traten für eine vermehrte Anwendung von § 97a UrhG ein sowie für einen offensiveren Umgang mit dem Verdikt Rechtsmissbrauch.

11. Juni 2010

Tauss und der Medien-Mob

Der Prozessbeobachter Rolf Schmitt und der Angeklagte selbst kommentieren die zahlreichen Desinformationen, mit denen sich unsere „Qualitätspresse“ bekleckert hat. Völlig zu Recht merkt er an, dass Meinungsfreiheit da aufhört, wo Verleumdung anfängt. Sein Medienanwalt dürfte derzeit gut zu tun haben.

Andrew Jennings WM-Buch und WM-Faxen

Vor vier Jahren war der Blatter-Sepp mächtig sauer auf den Kritiker Andrew Jennings, weil der ein unbequemes Buch geschrieben hatte. Doch seine Pläne, den Verlag juristisch anzugehen, verwarf der umstrittene Sportsmann schließlich.

Wir dürfen gespannt sein, inwieweit die auch von Jennings kritisieren Blatter-Pläne funktionieren, kritische Berichterstatter von der heute beginnenden Fußball-WM zu behindern.

Am Montag war ich mit einem Kumpel von der Titanic saufen. Bekanntlich hatten wir denen die WM im letzten Jahr zu verdanken. Doch Undank ist der Welten Lohn:

9. Juni 2010

Unter Wikipedianern

Letztes Wochenende habe ich die Tagung Skillshare des gleichnamigen Vereins besucht, bei der man Autoren für die Wikipedia gewinnen und fördern wollte. Es kamen aber fast nur langjährig etablierte Wikipedianer, der Laden ist faktisch ein closed shop.

Zwar hatte ich eigentlich nicht die Absicht, „undercover“ zu ermitteln und war namentlich akkreditiert, aber da ich mein Forschungsobjekt nicht durch Dissonanzen verunsichern wollte, habe ich mein Namensschild nur mit den Initialen ausgefüllt. Nicht, dass diese liebenswerten Leute am Ende gar einen Aufstand machen, als sei Martin Luther im Vatikan gesehen worden! ;)

So saß ich nun in diversen Workshops zusammen mit Crème de la Crème-Wikipedanten, etwa mitten unter Mitgliedern des berüchtigten Wikipedia-Stammtisches Hamburg, Leuten aus dem Wikipedia-Schiedsgericht und dem mächtigen Oversighter Sargoth. Letzterer legte Wert auf seine Anonymität, wollte nicht fotografiert werden. Den Wunsch respektiere ich, obwohl umgekehrt die Wikipedanten meine Persönlichkeitsrechte missachten.

Ich verabschiedete mich knapp beim Wikimedia-Geschäftsführer, mit dem ich wegen dummdreister Verletzungen meines Persönlichkeitsrechts Prozesse führe. Er hat mich anscheinend nicht einmal erkannt, obwohl wir uns ein halbes Jahr vorher mal unter erstaunlichen Umständen begegnet sind. :P

Egal, bei Skillshare hörte ich mir den Vortrag des Soziologen Dr. Thomas König Wikipedia und die Spieltheorie an, über den ich bei TELEPOLIS berichte.

8. Juni 2010

IM „Wilfried“ – Persönlichkeitsrechtsexzesse auf dem Rückmarsch?

Bereits der unermüdliche Gerichtsblogger Rolf Schälike teilte mir vor einiger Zeit seine Beobachtung mit, dass auch die Pressekammer Berlin so langsam von dem ausufernden Missbrauch des Persönlichkeitsrechts durch findige Anwälte genug hat und ihren fragwürdigen Widerstand gegen die Vorgaben aus Karlsruhe zurückfährt.

In diese Richtung geht ein weiteres Urteil, mal wieder zur leidigen Problematik, ob man ehemalige Verpflichtete der StaSi entsprechend benennen darf, oder ob diese Episode vom Allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt und damit dem Interesse der Öffentlichkeit entzogen ist.

Heute wurde bekannt, dass Iris Berbens Lebenspartner am Berliner Kammergericht mit dem Verbot gescheitert ist, seine Benennung als „IM“ zu verbieten. Zuvor hatte das die Berliner Pressekammer dem rbb und etlichen Printmedien verboten.

Der Berliner Tagesspiegel schreibt:

Wurden von den Gerichten zunächst die Persönlichkeitsinteressen der früheren IM in der Regel über das Aufarbeitungsinteresse der Öffentlichkeit gestellt, zeichnet sich nach den jüngsten Urteilen nun ein gegenteiliger Trend ab.

(…) Das Aufarbeitungsinteresse hatte auf der ganzen Linie gegen den Schutz der Persönlichkeitsrechte gesiegt.

Künftig also werden Historiker weniger vom diffusen Persönlichkeitsrecht behindert werden, das zwar grundsätzliche Berechtigung, aber eben auch gewisse Grenzen hat.

Da der rbb im Gegensatz zu den anderen Medien klein bei gegeben hatte, darf er als einziger nun nicht mehr über „IM Wilfried“ berichten.

StaSi-Fälle beobachtet Schälike besonders gerne. Er hatte etliche Monate in StaSi-Gefängnissen zugebracht, weil er auch in der DDR seinen Drang nach Meinungsäußerung auszuüben pflegte.

Siehe auch:

UPDATE: Der Kläger wurde von einem Anwalt vertreten, der früher zur Kanzlei des rbb-Anwalts gehörte. Diese beiden Anwälte vertreten sich häufig gegenseitig, etwa wenn der eine für den anderen Herrn Schälike verklagt. Seltsam …

7. Juni 2010

Wikileaks dunkles Geheimnis und die Schatten der Medien

Welchen Nimbus auch immer Geheimdienste um sich herum inszenieren, so beruhen die größten nachrichtendienstlichen Erfolge des Kalten auf Überläufern bzw. Verrätern, die sich selbst angedient haben. So ist denn auch die wesentliche Quelle des „Geheimdienstes der Menschheit“ Wikileaks der geöffnete Briefkasten für digitale „große braune Umschläge“.

Der Ursprung scheint aber nicht ganz so unschuldig gewesen zu sein. So hat man offenbar in der Tor-Suppe Material abgefangen – das wäre dann klassisches Spionagehandwerk.

Nun wurde auch bekannt, dass angeblich ein Informant enttarnt wurde.

Wie segensreich Wikileaks ist, kann man an dem Memo sehen, indem die CIA rät, den Deutschen mehr afghanische Frauen zu zeigen, um damit ein positive Stimmung für staatlich befohlenes Töten zu erzeugen. Wie Fefe heute analysiert, wird das offenbar von den Medien tatsächlich brav umgesetzt.

UPDATE: Wikileaks dementiert, soweit sie das können, ohne sensible bzw. bewusst gar nicht erst gespeicherte Informationen preiszugeben. Sie schrieben, dass die Washington Post ein Jahr lang im Besitz des Videos gewesen sei, es jedoch der Öffentlichkeit vorenthalten habe.

UPDATE: Der SPIEGEL bringt weitere Hintergründe.

3. Juni 2010

„Lex Wikipedia“? Bitte?!?

Der Geschäftsführer des umstrittenen Spendensammlervereins Wikimedia Deutschland e.V. hat eigenartige Äußerungen über einen israelischen Gesetzesentwurf ventiliert. So

diskutiert die israelische Knesset gerade eine Änderung im nationalen Urheberrecht, das Regierungsdokumente für die Allgemeinheit frei verfügbar und nutzbar machen soll. Im ursprünglichen Entwurf gibt es leider noch einige für Wikimedia unbrauchbare Einschränkungen – dennoch läuft dieses Gesetz in der israelischen Presse als “Lex Wikipedia”. Ein Erfolg in Israel wird für andere Länder – auch Deutschland eine großartige Vorlage sei.

Ähm, wie meinen? Amtliche Werke werden hierzulande seit Ewigkeiten vom Urheberrecht ausgenommen, vgl. § 5 UrhG. Von einem Land, in dem es sogar eine offiziell so bezeichnete Zensurbehörde gibt, insoweit „großartige Vorlagen für Deutschland“ zu erwarten, spiegelt anscheinend das seltsame Verständnis des Wikimedia-Türstehers zur Medienfreiheit wieder. Der gute Mann hat seinem Verein zufolge

Politik, Geschichte und Öffentliches Recht in Freiburg und Ottawa studiert.

Mit welchem Erfolg oder Abschlüssen die Studien des WMD-Geschäftsführers verlaufen sind, wäre angesichts der oben genannten Äußerungen mal eine veranlasste Frage.