Zum Inhalt springen


Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Komiker mag nicht mit seinem Vater lachen

Das Landgericht Berlin hat eine einstweilige Unterlassungsverfügung aufgehoben, die ein bekannter Comedian gegen seinen Vater erstritten hatte.

Der verarmte Vater des Witzboldes hatte von seinem vermögenden Sohn  – ihm seiner Meinung nach zustehenden – Unterhalt verlangt, obwohl zwischen beiden Funkstille herrscht. Des Vaters Anwalt hatte dabei sinngemäß angedeutet, ein entsprechender Rechtsstreit käme dem Prominenten in der Öffentlichkeit kaum gelegen. Der Komiker ließ den Herrn Vater durch seinen Promi-Anwalt abmahnen, sich der Presse gegenüber privater Angelegenheiten zu enthalten. Die Angelegenheit wurde dadurch aufgeheizt, dass tatsächlich solche Berichte auftauchten, wobei die Presse bei den „Zitaten“, die sie dem Herrn Papa in den Mund legte, wohl etwas zu kreativ gewesen war.

Der Vater-Anwalt sah seine Hinweise zur Öffentlichkeitsarbeit jedoch nicht als Drohung und lehnte dankend ab. Zudem sei die Abmahnung zu unbestimmt. Daraufhin erwirkte der Promi-Anwalt eine einstweilige Verfügung, wobei er freilich das letzte Schreiben des Anwalts unterschlug vergaß.

Die Pressekammer des Landgerichts Berlin sagt nunmehr:

Der Antragsteller kann es dem Antragsgegner zunächst nicht grundsätzlich verwehren, sich in seinen eigenen Angelegenheiten an die Presse zu wenden, mag daran ein öffentliches Interesse auch nicht bestehen und der Antragsteller in seiner geschützten Privatsphäre davon auch reflexartig betroffen sein. Die Meinungsfreiheit ist nicht nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt und wird von dem Grundrechtsträger nicht nur gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ausgeübt. Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art, 5 AbS: 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann. Angesichts dessen würde es eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung darstellen, wenn dem Betroffenen allein deshalb ein Unterlassungsanspruch zuerkannt werden würde, weil dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.2010, 1 BvR 2477/08). Solange der Antragsgegner nicht etwa unwahre Tatsachenbehauptungen in Bezug auf den Antragsteller aufstellt, die dann von einem Presseorgan verbreitet werden. kann er nicht ohne weiteres auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, da es zunächst allein Sache des betreffenden Presseorgans ist, abzuwägen und zu entscheiden, ob ein öffentliches Berichterstattungsinteresse besteht, das das Interesse des Antragstellers am Schutz seiner Privatsphäre überwiegt (vgl. BGH NJW-RR 1997, 235, 236; Breutz, in Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, Rdz. 39.158 ff.). Erst wenn die Presse gezielt dazu eingesetzt wird, derartige Angelegenheit aus der Privatsphäre zu veröffentlichen, um z. B. öffentlichen Druck auszuüben, käme eine Inanspruchnahme des Informanten als Störer in Betracht. (…)

Soweit der Antragsgegner in der „neuen woche“ dahingehend zitiert wird, „Mein Sohn müsste rechtlich für mich aufkommen, weil er so viel verdient“, läge darin keine unwahre Tatsachenbehauptung, selbst wenn der Antragsgegner sich so geäußert haben sollte. Denn es handelt sich ersichtlich um seine Rechtsauffassung. (…) Auf die Frage, ob der Antragsteller dem Antragsgegner  überhaupt Unterhalt schuldet, kommt es demnach gar nicht an.

Außerdem hatte das Gericht Zweifel an der Begehungsgefahr.

Dem Komiker verging das Schertzen.

Landgericht Berlin 27 O 66/10 Urt. v. 27.04.2010

« Kölner Unternehmer Esch ./. WDR („die story“): Reportage war zulässig – Ob Personalratsvorsitzender oder dessen Stellvertreter ist unerheblich »

3 Comments

  1. Reizzentrum - Wenn Komikern das lachen vergeht

    […] dazu bei Rechtsanwalt Kompa: Der Komiker ließ den Herrn Vater durch seinen Promi-Anwalt abmahnen, sich der Presse gegenüber […]

    #1 Pingback vom 20. Mai 2010 um 13:22

  2. Abmahnung von Waldorf - nicht alleiniger Zugangsinhaber - Seite 834 - netzwelt.de Forum

    […] […]

    #2 Pingback vom 20. Mai 2010 um 13:56

  3. LG Berlin: BVerfG-Rechtsprechungsänderung (?) umgesetzt « ElGraf

    […] prompt berichtet Herr Kompa von einem Fall, in dem sich das LG Berlin gewissermaßen reuig zeigt und den entsprechenden Absatz 1:1 ins Urteil […]

    #3 Pingback vom 20. Mai 2010 um 14:30

Kommentar-RSS: RSS feed for comments on this post.

Sorry, the comment form is closed at this time.