Geheimdienste und Demokratie vertragen sich nicht. Daher sind parlamentarische Untersuchungsausschüsse, die wissen wollen, was ihnen die Regierenden verheimlichen wollen, für Geheimdienste ein ungleich bedeutenderer Gegner als die auszuspionierenden Länder. Im Gegenteil sind feindliche Geheimdienste sogar nützlich, da sie dem eigenen Geheimdienst eine Daseinsberechtigung liefern, während die Parlamentarier lästig und existenzbedrohend sind. In den Niederlanden etwa hatte die Politik erkannt, dass man keine Geheimdienste braucht und selbige abgeschafft.
Daher fürchten Geheimdienste nichts so sehr wie Untersuchungsausschüsse. Die Ausschüsse wurden behandelt wie Pilze: Man hielt sie im Dunkeln und fütterte sie mit Dung. Insbesondere achtete man bei der personellen Besetzung auf eine gewisse „Loyalität“, damit nicht zu lästige Fragen gestellt würden. So konnte denn auch unser Auslandsgeheimdienst BND bis in die 70er Jahre alles, danach immerhin noch nahezu alles machen, was er wollte.
Bislang hatte es vor allem zwei bemerkenswerte Menschen in den Geheimdienstuntersuchungsausschüssen gegeben, die ihren Job ernst genommen hatten, einer davon BGH-Richter Wolfgang Nešković. Dieser hatte sich für seine Tätigkeit als Geheimdienstprüfer extra freistellen lassen und übte seine Aufgabe so gewissenhaft aus, dass er seinerzeit sogar beim BND ein Praktikum machte, um die Arbeitsweise dieser seltsamen Behörde kennen zu lernen. Nešković, der anscheinend das Grundgesetz sowie strafrechtliche Verbote von Angriffskriegen ernst nimmt und als exzellenter Jurist gilt, hatte sowohl die SPD, als auch die Grünen verlassen und war trotz damaliger Parteilosigkeit 2005 von der heutigen Linkspartei in den Untersuchungsausschuss entsendet worden. Während andernorts oftmals Dinge zu Journalisten durchsickern, stand Nešković auch hier im Ruf, seine Schweigepflichten zu ehren. Nach Beitritt zur Linkspartei wurde er in den aktuellen Bundestag gewählt.
Auf seiner Website schrieb er zum Kunduz-Massaker:
„Das gezielte Töten von afghanischen Taliban gleicht einer Todesstrafe ohne Gerichtsverfahren. Es verstößt gegen unser nationales Verfassungsrecht und gegen das Völkerrecht.“, erklärt Wolfgang Nešković, rechtspolitischer Sprecher der LINKEN, zu den heute berichteten Erkenntnissen aus dem geheimen NATO-Bericht über den Luftschlag von Kundus. Nešković weiter:
„Das ISAF-Mandat lässt das Töten nur in einer Notwehr- oder Nothilfesituation zu. Das gezielte Töten von Aufständischen abseits solcher Situationen stellt damit nach dem Völkerrecht und unserem nationalem Verfassungsrecht einen ungeheuren Tabubruch dar. In Afghanistan wurde somit die Todesstrafe ohne Gerichtsverfahren verhängt. Nach unserer Verfassung ist die Todesstrafe jedoch ausdrücklich abgeschafft.
Oberst Klein hat sich an der Logik des Krieges orientiert und nicht an der Logik unserer Verfassung. Der Bundesregierung ist dies offensichtlich bewusst. So erklären sich ihre anhaltenden Versuche, die Aufklärung der Vorgänge zu verzögern und zu vertuschen.“
Sowas darf man natürlich nicht sagen, wenn man irgendwas werden oder wenigstens bleiben will. Erst recht darf man nicht „Aufklärung verlangen“. Heute hat der neue Schwarz-Gelb-dominierte Bundestag dem fachlich unbestrittenen Experten den Platz im parlamentarischen Kontrollgermium verwehrt.