Der ehemalige Wikimedia-Häuptling und heutige SPIEGEL-Angestellte Kurt Jansson, der bei der Wikipedia-Podiumsdiskussion durch seine krasse Fehleinschätzung des Ausmaßes des Problems aufgefallen war, versucht nun auf SPIEGEL ONLINE, die Lufthoheit über das leidige Thema zurück zu erobern.
Obwohl die Debatte längst vorangeschritten ist, reduziert Jansson die Sache auf das Exkludisten/Inkludisten-Problem bei der Eingangskontrolle. Mit keinem Wort erwähnt er das Problem der Artikelbesitzer („Blockwarte“), also den Leuten, die einzelne Artikel als ihr Revier betrachten und Fortschritt blockieren. Was er beklagt, ist nicht ein Mangel an Autoren, sondern – so nennt er sie wirklich – „Redakteuren“. Er verortet den casus knacktus sogar allen Ernstes dort:
Nein, es sind nicht Relevanz-, sondern „Hierum können und wollen wir uns kümmern“-Kriterien, für die die Weisheit der Massen irgendwann einen griffigeren und präziseren Namen finden wird.
Es wäre umgekehrt gescheiter, wenn sich die selbsternannten Bewahrer mal etwas weniger um die Wikipedia kümmern und den vergrätzten Schreibern mal für zwei Wochen den Vortritt lassen würden. Sperrt doch mal alle gegenwärtigen Admins und Autoren für zwei Wochen, da wird garantiert die Welt nicht von untergehen!
Solange die etablierte Community die Zeit aufbringt, kooperationswillige Autoren mit solchen privaten Bollwerken vor den Kopf zu stoßen,
solange Löschadmins jeglichen Respekt vor schöpferischen Leistungen vermissen lassen und selbst komplexe Arbeiten mit apodiktischer Arroganz löschen,
solange Admins und „vernetzte Wikipedianer“ sich ohne Konsequenzen nach Gutsherrenart aufführen können wie die Axt im Walde,
solange dieser seltsame Wikimedia-Verein offline Communitys fördert und Interessenkonflikte produziert,
solange wird das nichts werden mit der Rekrutierung Freiwilliger. Der erste Schritt wäre jedoch, diese Probleme anzuerkennen, statt sie zu marginalisieren und ignorieren.