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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


BGH weist absurde Hamburger Zurechnung von Interviewäußerungen zurück

Auf den sechsten Senat des Bundesgerichtshofs ist Verlass:

Der vom hanseatischen Oberlandesgericht bestätigten Rechtsauffassung der Pressekammer des Landgerichts Hamburg, die einer Zeitung Recherchepflichten für von Interviewpartnern teilweise irrtümlich gemachten Behauptungen aufstellt, wurde eine klare Absage erteilt.

Die Verbreitung der Äußerungen war zulässig. Es handelt sich um eine nicht gegen den Kläger persönlich gerichtete Meinungsäußerung mit einem wahren Tatsachenkern. Die Aussage „Heute wird offen gelogen“ richtet sich gegen die Berichterstattung im Magazin „Focus“, für die der Kläger als Chefredakteur verantwortlich war. Sie gibt die dem Beweis nicht zugängliche Meinung des Interviewten über die mangelnde Wahrheitsliebe in den Medien wieder. Durch das von ihm angeführte Beispiel des Interviews Markworts mit Ernst Jünger, das Markwort jedenfalls nicht selbst geführt hat, wird der Kläger zwar in seinem Persönlichkeitsrecht tangiert, doch überwiegt das von Roger Willemsen verfolgte Interesse der Öffentlichkeit an der Wahrheit und Seriosität der Medienarbeit. Der Persönlichkeitsschutz des Klägers hat mithin hinter dem Recht der Beklagten auf Presse- und Meinungsfreiheit zurückzutreten.

Diese Ansage dürfte auch ein wichtiges Signal zur Zurechnung von Äußerungen in User Generated Content darstellen (Forenhaftung, Wikihaftung).

Hier mein Glosse zur damaligen kolossalen Hamburger Fehlentscheidung. Die scheint mir Richter Buske übrigens zuzurechnen. Er zieht es vor, nicht mehr mit mir zu sprechen. Das muss er aber auch gar nicht, wenn ich ihn interviewen will … ;-)

Update: Hier mein ausführlicherer Kommentar auf Telepolis.

Update: BILDblog mit einem Beispiel für die Angst vor der Interviewhaftung. (Via Telemedicus.)

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Ein Kommentar

  1. Innere Pressefreiheit in den Redaktionen » Rechtsanwalt Markus Kompa

    […] enthielten. Dass der BGH sein Urteil zur Haftung von Äußerungen von Interviewpartnern genauso für Mumpitz hielt wie ich, störte den guten Mann […]

    #1 Pingback vom 10. Juni 2011 um 09:01

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