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Rechtsanwalt Markus Kompa – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Köln
Blog zum Medienrecht


Anmerkung zur aktuellen Womblog-Abmahnung

Zum heutigen Telepolis-Artikel von Peter Mühlbauer zur bereits länger in der Blogosphäre diskutierten Abmahnung seitens einer politischen Zeitschrift, die nicht als NPD-Postille bezeichnet werden möchte, habe ich ein paar Anmerkungen:

„Keine Vollmacht – Abmahnung unwirksam?“

Formerfordernisse für Abmahnungen sind nicht gesetzlich geregelt, die Rechtsprechung ist uneinheitlich.
Für Unterlassungsansprüche in Abmahnungen entspricht eine „anwaltliche Versicherung“ des Vorliegens einer ordnungsgemäßen Vollmacht der Rechtspraxis. Eine mitversandte Vollmacht fordern manche Gerichte, wenn gleichzeitig vorformulierte Schadensersatzansprüche anerkannt werden sollen. Da der abmahnende Anwalt ein einschlägig bekannter Presserechtler ist, rate ich dem Womblogger-Anwalt dringend zu einer Überprüfung seiner Rechtsauffassung …

Abgrenzung Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung

Der Rechtspraxis der vom abmahnenden Anwalt häufig aufgesuchten Pressekammern entspricht es, Meinungsäußerungen mit Tatsachenbezug wie Tatsachenbehauptungen zu handhaben. Falls die jF tatsächlich keine „NPD-Postille“ sein sollte, so halte ich ein Äußerungsverbot daher für sehr wahrscheinlich, jedenfalls ein im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes herbeigeführtes. (Vorliegend wurde bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben, weshalb die Frage nur noch inzident entschieden werden kann.)

Das vom Abgemahnten angesprochene BGH-Urteil IV ZR 7/07, NJW 2008, 2110, erlaubte Greenpeace, Milchprodukte einer Unternehmensgruppe als „Gen-Milch“ zu bezeichnen, weil bei der Herstellung der Produkte Milch von Kühen eingesetzt wird, die mit Genpflanzen gefüttert worden sind. Dann müsste auch ein vergleichbarer Bezug von NPDlern hergestellt werden können. Da ich weder diese Zeitung lese, noch der NPD nennenswerte Aufmerksamkeit schenke, kann ich zu dieser Sachfrage kein Beitrag leisten.

Es ist davon auszugehen, dass etwa das Landgericht Hamburg seine Rechtspraxis beibehält und die Äußerung isoliert betrachten und Kontext außer acht lassen wird.

Zu eigen gemacht?

Die andere angesprochene Entscheidung, in dem das OLG Frankfurt das Zitat ähnlicher Äußerungen eines Staatssekretärs zuließ, findet sich hier.

VORSICHT! Diese Entscheidung wurde offensichtlich deshalb im Revier des OLG Frankfurt gelten gemacht, weil sie neben dem Unterlassungsanspruch auch einen solchen auf „Gegendarstellung“ beinhaltete, der nicht im Wege des fliegenden Gerichtsstandes beliebig, sondern nur am Erscheinungsort einer Publikation geltend gemacht werden kann. Insbesondere die gefürchtete „Stolpe-Entscheidung“ gilt nicht für Gegendarstellungen, sondern betrifft Unterlassungsansprüche.

Vorliegend jedoch geht es nur um eine Unterlassung, und da ist einzig relevant, was die Landgerichte Hamburg oder Berlin für eine Tatsachenbehauptung halten, und was nicht. Hamburger Gerichte scheren sich weder um die Rechtsprechung anderer OLGs, noch um das, was in Karlsruhe ausgeurteilt wird.

In Hamburg wird bereits die unkommentierte Wiedergabe einer Tatsachenbehauptung eines Interviewpartners als Zu-Eigen-Machen gewertet. Letztes Jahr diskutierte ich mit Richter Buske vergeblich zur Forenhaftung. Er wollte ernsthaft in der Aufforderung, an einem Wiki mitzumachen, ein Zu-Eigen-Machen künftiger Inhalte erkennen. Kein Kommentar!

Ich kenne das Orgininal-Posting des Womblogs nicht, aber es sieht nicht danach aus, als hätte der Verantwortliche sich irgendwie bzw. hinreichend distanziert.

Modifizierte Unterlassungserklärung

Der Womblogger-Anwalt hat die Sache sinnvoll durch Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Präjudiz entschärft. Jetzt geht es also nur noch um die Kosten für die Abmahnung, was das finanzielle Risiko deutlich mindert.

Abschließender Kommentar

Wie Telepolis-Redakteur Mühlbauer mit Recht anmerkt, hat sich die betreffende Zeitung, die selbst Anspruch auf weitgehende Pressefreiheit erhebt, keinen Gefallen damit getan, inhaltliche Fragen durch Abmahnungen zu diskutieren. Wie immer in solchen Fällen gilt auch hier wieder der Streisand-Effekt.

« Die 1000 Augen des Dr. Mabuse – Die Bretter, die das Geld bedeuten … »

Autor:
admin
Datum:
14. Oktober 2009 um 13:52
Category:
Allgemein
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